Bestattungen werden immer individueller - Im Gespräch mit einem Johannes Neujoks, Bestatter aus Salmtal

Salmtal · Im November häufen sich die Gedenktage für Verstorbene. Dann sind die Themen Tod und Sterben präsenter als sonst. Für den Bestatter Johannes Neujoks gehören sie zum Alltag. Er verrät im Interview, dass sich die Haltung in der Gesellschaft zu Tod und Sterben geändert hat und wie er selbst bestattet werden möchte.

 Bestatter Johannes Neujoks im Interview

Bestatter Johannes Neujoks im Interview

Foto: Christina Bents

Was für die einen der absolute Ausnahmezustand ist - der Tod eines Menschen und dessen Bestattung nämlich - , gehört für Johannes Neujok aus Salmtal zum beruflichen Alltag. Er ist einer von 17 Bestattern im Kreis Bernkastel-Wittlich. In 34 Jahren Berufstätigkeit hat er einiges erlebt. Im TV-Interview erzählt er auch von seiner eigenen Haltung zum Thema Tod und Sterben.

Wie reagierten Freunde und Bekannte auf ihren Beruf?
Johannes Neujoks: Die meisten Menschen reagieren gelassen, aber sehr interessiert. Oft wollen sie wissen, ob man die Toten auch wäscht und schminkt. Auf Wunsch der Angehörigen machen wir das. Im Bestatterkoffer ist sogar ein Schminkset.

Wie stehen Sie zum Thema Tod?
Neujoks: Man sollte den Tod auf sich zukommen lassen. Es ist der natürliche Abschluss des Lebens, wobei ich davon ausgehe, dass man den Tod nicht als etwas Endgültiges ansehen sollte. Ich glaube, dass da noch was kommt.

Haben Sie sich schon einmal Gedanken um ihre eigene Bestattung gemacht?
Neujoks: Ja, aber ich lasse das noch offen. Da ich mich aber dem Meer sehr verbunden fühle, könnte ich mich sogar mit einer Seebestattung anfreunden.

Können Sie sich noch an ihren ersten Toten erinnern?
Neujoks: An einen Fall aus der Anfangszeit erinnere ich mich: Das war gleich eine Wasserleiche in der Salm. Die Bilder hatte ich lange im Kopf.

Was sind Fälle, die ihnen besonders nah gehen?
Neujoks: Wenn Kinder sterben, das ist natürlich besonders schlimm. Die Zahl ist aber in den vergangenen Jahren zum Glück zurückgegangen. Schwierig für einen Bestatter sind aber auch Bahnunfälle.

Gab es auch skurrile Erlebnisse bei Bestattungen?
Neujoks: Skurril ist vielleicht nicht das richtige Wort, aber es gab einmal eine Bestattung, da ist dem Pastor beim Segnen, der vordere Teil des Aspergils, das ist der Segnungsstab, abgegangen. Das ist ja eine schwere Metallkugel, und die ist dann auf den Sarg gedonnert. Gut, dass der Pastor nicht so viel Schwung hatte, wenn den jemand an den Kopf gekriegt hätte- nicht auszudenken.

Warum ist der Tod immer noch bei vielen ein Tabuthema? Oder hat sich da etwas getan in den vergangenen Jahren?
Neujoks: Da hat sich in den vergangenen Jahren sehr viel getan. Es wird viel offener über das Sterben und den Tod gesprochen. Sehr viele machen sich zu Lebzeiten Gedanken und dann auch Bestattungsvorsorge. Das hat dramatisch zugenommen.

Wie verarbeitet man das Gesehene?
Neujoks: Man muss das als Arbeit sehen und braucht sowohl Einfühlungsvermögen, als auch die Fähigkeit, nicht jeden Fall an sich heran zu lassen.

Wie sehen sie den weiteren Trend? Wird sich die Bestattungskultur weiter individualisieren?
Neujoks: Es gibt ja inzwischen schon sehr viele Möglichkeiten sich beerdigen zu lassen, auch bei den Beerdigungen wird viel individuell gestaltet, beispielsweise mit Musik. Klar wird es weiter Neuerungen geben, auch das Bestattungswesen entwickelt sich stetig weiter.

Was bedeutet der November und der Totensonntag für Sie?
Neujoks: Ich finde es wichtig, dass man im Jahr Tage hat, an denen man den verstorbenen Angehörigen gedenkt. Dass man sich Zeit nimmt, um innere Einkehr zu halten, gerade in unserer heutigen schnelllebigen Welt.

Welche anderen Bestattungskulturen finden sie interessant und warum?
Neujoks: Andere Bestattungskulturen kenne ich nur aus der Theorie, weil die anderen Religionen ihre eigenen Leute haben, die die Toten bestatten, die fragen uns hier nicht an. Interessant finde ich die Kulturen, die ruhig und besonnen mit dem Tod umgehen wie der Hinduismus oder der Buddhismus. Spannend finde ich oft andere Friedhöfe. In Paris beispielsweise war ich beeindruckt von den Familiengruften, wo unter anderem sieben Särge übereinander bestattet sind. chb
Zur Person

Johannes Neujoks ist Schreinermeister. Er hat 1989 den Betrieb von seinem Vater Alois Neujoks übernommen. Schon mit 16 Jahren hat er seinem Vater geholfen und ist zum Einsargen von Toten mitgefahren. 2012 hat Johannes Neujoks sich intensiv weiter gebildet und die Prüfung zum fachgeprüften Bestatter abgelegt, um bei den hygienischen, rechtlichen und formalen Themen seines Berufs auf dem aktuellsten Stand zu sein. Seit diesem Jahr hat der Betrieb neue Ausstellungsräume in Salmtal. chb
Extra

Im Landkreis Bernkastel-Wittlich gibt es insgesamt 17 Bestatter, weiß die Handwerkskammer Trier. Davon haben einige mehrere Annahmestellen. Es gibt Bestatter in folgenden Orten: Bernkastel-Kues, Enkirch, Heidenburg, Hetzerath, Longkamp, zwei in Morbach, einer in Morbach-Riedenburg, Mülheim, Neumagen-Dhron, Osann-Monzel, Pantenburg, Piesport, Salmtal, Thalfang, Traben-Trarbach und Wittlich. chb

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort