Endspurt - Politikkrimi um drei Landtagswahlen

Beide ringen nicht nur um den Sieg im Land, beide sind zurzeit auch die Hoffnungsträgerinnen ihrer jeweiligen Bundesparteien: Malu Dreyer und Julia Klöckner. Anders als in Baden-Württemberg und Sachsen-Anhalt geht es in Rheinland-Pfalz tatsächlich noch um ein Duell CDU gegen SPD. Ein klassisches, vielleicht sogar ein Auslaufmodell.

Trotz des enormen Drucks, der auf ihnen lastet, geben sich Dreyer und Klöckner eine Woche vor der Landtagswahl am 13. März betont gelassen, reden in Volksfreund-Interviews übereinstimmend von der Fürsorge und der grenzenlosen Unterstützung durch ihre jeweiligen Wahlkampfteams, von ihrer Energie und dem absoluten Willen zum Erfolg . Beide weisen Fragen zu möglichen neuen Koalitionen zurück, wobei sie sich in einem Punkt einig sind: AfD und Linke, so sie in den Landtag einziehen sollten, kommen als Partner keinesfalls infrage.

Wenn die Landes-SPD, die ganz auf ihre Galionsfigur Malu Dreyer setzt, nicht als stärkste Kraft aus diesem Zweikampf hervorgeht, wird es auch für den Bundesvorsitzenden Sigmar Gabriel eng. Denn in Baden-Württemberg, wo die SPD in der Juniorrolle mit den Grünen regiert, sind die Grünen mittlerweile zweieinhalb Mal so stark wie ihr roter Koalitionspartner. Vor fünf Jahren waren beide Parteien gerade einmal einen Prozentpunkt auseinander. Und in Sachsen-Anhalt sieht es so aus, als würden die Sozialdemokraten als vierte Kraft noch deutlich hinter die rechtspopulistische AfD zurückfallen. Hier wie da wären solche Ergebnisse für die SPD eine Blamage und ein deutliches Warnzeichen. Und es wäre natürlich auch für den ohnehin umstrittenen Parteivorsitzenden ein Desaster. Schon wird hinter den Kulissen mit Olaf Scholz, Hamburgs Erstem Bürgermeister, ein neuer SPD-Chef gehandelt.

Aber auch für Bundeskanzlerin Angela Merkel und die Bundes-CDU geht es um viel. Julia Klöckner muss die Bastion SPD im zweiten Anlauf nehmen. Vor fünf Jahren kostete sie die Atomkatastrophe in Fukushima und die in der Folge erstarkenden Grünen den schon sicher geglaubten Sieg. Jetzt, kurz vor der Wahl, bahnt sich ein Kopf-an- Kopf-Rennen an.

Laut aktuellen Wahlumfragen liegen die Christdemokraten nur noch um ein oder zwei Prozentpunkte vor der SPD. Auch wenn Klöckner angesichts der Flüchtlingspolitik der Kanzlerin mit den Füßen scharrt und parallel zu europäischen Lösungen strengere nationale Maßnahmen fordert, wäre es dennoch die Rheinland-Pfälzerin, die Merkel im Falle eines Sieges den Rücken stärkte. Nicht umsonst bestreitet die Kanzlerin in turbulenten Zeiten elf Wahlkampfauftritte mit der CDU-Landeschefin.

In Baden-Württemberg dagegen hat Grünen-Ministerpräsident Winfried Kretschmann seine Popularität dermaßen gesteigert, dass seine Partei nach letzten Umfragen sogar einen satten Vorsprung vor der CDU und ihrem blassen Kandidaten Markus Wolf hat. Erst diese Woche bekamen die Grünen - gemeint war Kretschmann - eine Einzelspende über 300 000 Euro. Und der im ,,Musterländle" allseits bekannte konservative Trigema-Chef Wolfgang Grupp (prominent aus der Hemdenwerbung mit dem Affen) verkündete öffentlich, dieses Mal Grün wählen zu wollen. Noch nicht abzusehen sind allerdings mögliche Folgen der Drogen-Affäre um den Grünen-Innenpolitiker Volker Beck.

Im einstigen Stammland der CDU, wo die Christdemokraten von 1953 bis 2011 kontinuierlich den Ministerpräsidenten stellten und vor fünf Jahren wenigstens als deutlich stärkste Partei aus den Wahlen hervorgingen, wäre ein Zurückfallen hinter die Grünen eine Demütigung, auch wenn ein denkbares grün-schwarzes Bündnis sie wieder in die Regierungsverantwortung bringen könnte. Ein glorreicher Sieg aber wäre es nicht.

Und in Sachsen-Anhalt scheint es nach derzeitigen Umfragewerten nicht einmal mehr für eine schwarz-rote Koalition zu reichen. Hier hat die CDU immerhin eine satte Mehrheit.

Das Abschneiden von Dreyer und Klöckner ist also nicht nur für Rheinland-Pfalz von entscheidender Bedeutung. Es hat auch eine bundespolitische Dimension, die über die Wirkung sonstiger Landtagswahlen hin8ausreicht.

Dreyer muss siegen, um dem bundesweiten Schrumpfungsprozess der SPD einen Triumph entgegenzusetzen. Klöckner muss siegen, um zu beweisen, dass ihre Strategie, in der Flüchtlingspolitik die Fäden an beiden Enden zusammenzuhalten, wie sie es selbst formuliert, aufgegangen ist und letztlich auch der Kanzlerin zugute kommt. Denn mit zwei gewonnenen Landtagswahlen kann es um die zuletzt arg in Zweifel gezogene Strahlkraft Merkels ja nicht so schlecht bestellt sein. Und in Baden-Württemberg dürfte man mit Fug und Recht behaupten, dass es am Personal lag.

Isabell Funk
Chefredakteurin

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