Lebendige Geschichte in Bollendorf

Bollendorf · Zur 1300 Jahr-Feier hat Bollendorf seine Besucher auf eine Zeitreise mitgenommen. Die AG Stolpersteine verlegte erstmalig mit dem Künstler Gunter Demnig 24 Stolpersteine zum Gedenken an die ehemalige jüdische Gemeinde.

Lebendige Geschichte in Bollendorf
Foto: bettina Bartzen (beba) ("TV-Upload Bartzen"
Lebendige Geschichte in Bollendorf
Foto: bettina Bartzen (beba) ("TV-Upload Bartzen"
Lebendige Geschichte in Bollendorf
Foto: Bettina Bartzen (beba) ("TV-Upload Bartzen"
Lebendige Geschichte in Bollendorf
Foto: Bettina Bartzen (beba) ("TV-Upload Bartzen"

Bollendorf. Als der Bildhauer Gunter Demnig die goldenen Pflastersteine mit den Namen der ehemaligen jüdischen Mitbürger, die in Vernichtungslager deportiert und ermordet wurden, in den Boden meißelt, herrscht konzentriertes Schweigen: Beim Anblick der Steine werden viele Erinnerungen wieder lebendig.
Darunter auch die an das Schicksal von Adolf Steinberger, der einen Textilwarenladen am Sauerstaden betrieb und viele Jahre lang die Trommel im Musikverein schlug. Er wurde mit seiner Frau Marianne 1942 im Vernichtungslager Treblinka ermordet. Vor dem ehemaligen Wohnhaus der Steinbergers befinden sich nun acht Stolpersteine.
"Es ist schön, den Menschen eine gemeinsame Ruhestätte zu geben", sagt Suzanne Mayer-Tarica, deren Großvater eine Bäckerei in Bollendorf besaß. Sie reiste extra zur Verlegung der Stolpersteine aus den USA an. So gedachten 20 Angehörige aus Großbritannien, Israel, Frankreich und den USA gemeinsam mit den Bollendorfer Bürgern des Schicksals der Familienangehörigen.
"Sich die Hände reichen und offen mit der Geschichte umgehen, wo so viel geschwiegen wurde. Das ist wichtig für die Verarbeitung", sagt Barbara Kemmer, Historikerin und eines von fünf Mitgliedern der AG Stolpersteine Bollendorf. Sie recherchierten einzelne Schicksale über das soziale Netzwerk Facebook, wälzten Archivbände und sprachen mit Zeitzeugen. "Ich war überrascht von der positiven Resonanz und der Warmherzigkeit der Angehörigen, für die es eine Würdigung ihrer Vorfahren war", sagt Rolf Stump, Bürgermeister von Bollendorf.
Zum Vortrag von Gunter Demnig über die Verlegung der Stolpersteine kamen mehr als 100 Menschen. Der große Zuspruch bei den Bürgern zeigt, wie wichtig ihnen dieses Thema bis heute ist. Vor dem ersten Weltkrieg hatte Bollendorf eine jüdische Gemeinde mit 110 Mitgliedern. Durch die starke Bedrohung des NS-Regimes verließen viele Juden schon vor Kriegsbeginn den Ort. 1938 wohnten nur noch 50 Menschen jüdischen Glaubens im Dorf. Die letzten von ihnen wurden 1942 in Vernichtungslager deportiert und ermordet. Nun erinnern an fünf Stellen insgesamt 23 goldene Stolpersteine an die Schicksale dieser Menschen.
Ein weiterer Stein erinnert an die Bollendorfer Synagoge, die in der Reichsprogromnacht am 9. November 1938 zerstört wurde. Weitere Steine in der Gemeinde sollen folgen.

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