Taucher bergen Leiche — jetzt wohl drei Tote bei BASF-Unglück

Ludwigshafen · Polizeitaucher finden in einem Hafenbecken nahe der Chemiefabrik einen Toten — vermutlich das dritte Opfer der Explosion vom Montag. Hinsichtlich der Ursache haben die Ermittler nach einer Vernehmung „Teilerkenntnisse“.

Nach der verheerenden Explosion bei der BASF in Ludwigshafen ist die Zahl der Todesopfer vermutlich auf drei gestiegen. In einem Hafenbecken am Explosionsort bargen Polizeitaucher am Mittwoch die Leiche eines Mannes, bei dem es sich möglicherweise um einen seit dem Unglück vermissten Tankschiff-Matrosen handelt. "Ob es der Vermisste ist, wissen wir noch nicht", sagte eine Polizeisprecherin.

Die Staatsanwaltschaft Frankenthal ordnete die Obduktion an, deren Ergebnis möglicherweise erst in einigen Tagen vorliegen wird. Nach Angaben des Leitenden Oberstaatsanwalts Hubert Ströber haben die Ermittler inzwischen "gewisse Teilerkenntnisse" zur Explosionsursache. Sie gingen auf eine Zeugenvernehmung zurück und müssten nun erhärtet werden.

Bei der Explosion und nachfolgenden Bränden im Landeshafen Nord waren am Montag zwei Männer der BASF-Werksfeuerwehr getötet worden, mehr als 20 Menschen wurden verletzt, viele schwer. Begonnen hatte die Katastrophe mit einem eher kleinen Brand an einer Leitung in einem sogenannten Rohrgraben. Kurz darauf folgten die Explosion und mehrere Brände. Der Matrose eines im Hafen ankernden Tankschiffs war danach vermisst worden.

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Der bereits vernommene Zeuge sei Mitarbeiter einer auf dem Gelände eingesetzten Fremdfirma und "im Bereich der Sicherung" tätig gewesen, sagte Ströber. Seine Angaben würden nun ausgewertet und bei den weiteren Untersuchungen berücksichtigt. Ströber kündigte weitere Zeugenbefragungen und Untersuchungen an, über die er aus ermittlungstaktischen Gründen nichts sagen könne. "Ich muss mich noch ein bisschen zurückhalten — nicht dass Beweismittel nicht mehr greifbar sind", sagte er. Er wolle nicht dazu beitragen, dass sich jemand herausgefordert sehe.

Der Explosionsort selbst sei inzwischen begehbar, sagte Ströber. Polizeibeamte und Sachverständige seien vor Ort. Die Behörde ermittelt von Amts wegen in der Sache wegen fahrlässiger Tötung, fahrlässiger Herbeiführung einer Sprengstoffexplosion und fahrlässiger Körperverletzung gegen unbekannt. Die Koalitionsfraktionen von SPD, FDP und Grünen im rheinland-pfälzischen Landtag planen für Donnerstag kommender Woche eine Sondersitzung zum Thema.

Nach dem vermissten Matrosen hatten am Mittwoch 17 Taucher von Polizei und Feuerwehr gesucht. Gegen 12.30 Uhr bargen Polizeitaucher der technischen Einsatzeinheit Mainz die Leiche eines Mannes.

"Leider müssen wir davon ausgehen, dass unsere Befürchtungen traurige Gewissheit werden und wir ein drittes Todesopfer zu beklagen haben", sagte BASF-Vorstandsmitglied Margret Suckale. Die Gedanken seien nun bei den Angehörigen und den Verletzten. Die Belegschaft gedachte der Opfer in einer Schweigeminute, zudem wehten die Fahnen im Betrieb auf halbmast, und es wurde ein Kondolenzbuch ausgelegt. "Die Anteilnahme ist schon sehr groß", sagte eine BASF-Sprecherin.

Die Deutsche Feuerwehr-Gewerkschaft reagierte mit Bestürzung auf die Nachricht vom Tod zweier Kollegen und der Verletzung anderer. Sie richtete für die Familien der Feuerwehrleute ein Spendenkonto ein und rief alle Kollegen bundesweit zur Unterstützung auf.

Ludwigshafens Oberbürgermeisterin Eva Lohse (CDU) forderte eine rückhaltlose Aufklärung der Vorgänge und gegebenenfalls Konsequenzen. "Wir sind darauf angewiesen, dass die Produktion sicher ist. Das ist für uns existenziell", sagte Lohse dem "Mannheimer Morgen" (Mittwoch). "Falls es Sicherheitslücken gibt, müssen diese geschlossen werden."

Weil wegen des Unglücks ein Tor der BASF für anliefernde Lkw gesperrt war, kam es nach städtischen Angaben rund um den Norden der Stadt zu großen Staus. Die Kommune verschob deshalb geplante Straßenarbeiten. Sie appellierte an Autofahrer, die Gegend zu umfahren. Die Liefer-Lkw mussten auf andere BASF-Tore ausweichen. Die Feuerwehr untersuchte an der Werksgrenze die Luftqualität, stellte nach Angaben von Feuerwehrchef Peter Friedrich aber nichts Auffälliges fest.

Der Risikoforscher Klaus Heilmann sagte der Deutschen Presse-Agentur, Menschen, die neben großen Werksgeländen oder Kraftwerken leben, verdrängten häufig die Gefahren, die von diesen ausgingen. "Ohne Verdrängung könnten wir gar nicht leben, weil wir dann permanent von Ängsten und Fürchten gejagt werden", sagte Heilmann. Die Menschen vertrauten darauf, dass Unternehmen wie die BASF immer alles sorgfältig prüften und ihre Anlagen gut in Schuss hielten. "Die Leitung eines solchen Werkes ist bemüht, in ständigem Kontakt mit den Anwohnern zu sein und sie zu informieren." Das trage dazu bei, dass die Leute die Situation gelassener nähmen.

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