Alle sind dafür, keiner weiß, wann’s kommt: Bürokratiefreie "Gesundheitszone" in der deutschen und belgischen Eifel

Prüm/St Vith · Die geplante, noch engere Kooperation der Krankenhäuser Prüm und St. Vith: Landes-AOK und Gesundheitsministerium haben sich gegenüber dem TV deutlich dafür ausgesprochen. Nicht ganz so deutlich wurde, wann es so weit ist.

 Stehen zusammen: die Mediziner in Prüm und St. Vith. TV-Foto: Fritz-Peter Linden

Stehen zusammen: die Mediziner in Prüm und St. Vith. TV-Foto: Fritz-Peter Linden

Foto: (e_pruem )

Eine noch engere Kooperation der beiden Krankenhäuser in Prüm und St. Vith, das Ganze im Rahmen einer "Zone mit grenzüberschreitendem Zugang zu Gesundheitsleistungen": Über dieses Vorhaben berichtete der TV vorige Woche. Zweck der Partnerschaft: den Bürgern mehr Leistungen zu ermöglichen und weniger Papierkram zu bescheren.
Die Gespräche darüber laufen seit geraumer Zeit in Mainz. Beteiligt sind die beiden Hospitäler, das Gesundheitsministerium und die Krankenkassen-Verbände."Grundsätzlich positiv"


Der TV fragte im Ministerium und bei der AOK Rheinland-Pfalz/Saarland, wie man zu dem Vorhaben steht und wann die Partnerschaft auf feste vertragliche Füße gestellt werden kann.
Zwischenergebnis: Alle sind dafür, aber noch kann keiner sagen, wann sie auch kommt. Das erklärte Ziel der AOK, teilt deren Pressereferent Jan Rößler mit, sei "eine hochwertige Versorgung unserer Versicherten auch im ländlichen Raum". Deshalb stehe man der Zusammenarbeit "zur Verbesserung der Versorgung in Rheinland-Pfalz, aber auch in Belgien, grundsätzlich positiv gegenüber". Die Gespräche seien aber noch nicht abgeschlossen.
Und wann wäre das? Da muss Rößler passen, auch wenn er die Frage gern beantworten würde: "Es gibt einfach ganz viele Beteiligte auf deutscher und belgischer Seite. Das ist ein großer runder Tisch." Und man habe sehr viel im Detail abzustimmen - deshalb seien die Fragen "nicht unbedingt kurzfristig" zu klären. Die Verhandlungen jedenfalls, sagt Rößler, verliefen in einer "konstruktiven, angenehmen Atmosphäre".
Im Ministerum für Soziales, Gesundheit, Arbeit und Demografie in Mainz "begrüßt und unterstützt" man, so die Antwort von Pressesprecherin Stefanie Schneider, die Kooperation der Krankenhäuser, übernahm die Moderation der großen Runde und machte daraus ein Pilotprojekt in den Fachbereichen Gynäkologie/Geburtshilfe und Geriatrie: Denn es sei ein Vorhaben "das es so im Land noch nicht gibt". Und dabei müsse eben "alles rechtlich abgesichert und ausgestaltet werden".
Dass es bis zu einem Abschluss noch dauern werde, sei vor allem einem Problem geschuldet: Der "Überwindung der Abrechnungsprobleme zwischen Krankenhäusern und Krankenkassen aufgrund unterschiedlicher Sozialversicherungssysteme". Zudem sei im Vertragssystem der Kassen, außer bei Notfällen und nach vorheriger Genehmigung, "eine Behandlung im Ausland nicht vorgesehen". Und das müsse geregelt werden.Bin ich jetzt ein Belgier?


Ach, und das gab's auch noch: Einige Leser, darunter auch Margit Brandt-Leuwer aus Stadtkyll, wüssten gern, welche Staatsangehörigkeit eigentlich so ein Baby erhalte, wenn dessen deutsche Mutter in St. Vith entbinde. Wird das dann sozusagen ein Zwangsbelgier?
Ach was: Nach unserem Staatsangehörigkeitsgesetz erwerbe ein Kind immer dann die deutsche Nationalität, "wenn ein Elternteil im Besitz dieser Staatsangehörigkeit ist", sagt Günter Reichertz vom Standesamt in Prüm. Und das sei unabhängig davon, ob das Kind hüben oder drüben geboren werde.
Aber natürlich geht es auch hier noch etwas komplizierter. Wenn nämlich die Eltern nicht verheiratet sind und beim belgischen Standesamt Vaterschaftsanerkennungen oder Erklärungen zum Familiennamen abgegeben werden: Die nämlich sind auf deutscher Seite oft nicht gültig, "weil sie häufig nicht den Erfordernissen unseres Rechts genügen".
Zudem: Wenn das Baby in St. Vith geschlüpft ist und seine Eltern eine deutsche Geburtsurkunde wünschen, "müsste zunächst die Nachbeurkundung der Geburt im deutschen Geburtenregister beim Wohnsitzstandesamt beantragt werden." Und wäre, klar, gebührenpflichtig.
Und dann wäre da noch der notwendige Eintrag im Geburtsregister der Eltern: In Deutschland geht das automatisch von Standesamt zu Standesamt. Anders in Belgien, "denn vom dortigen Standesamt werden keine Geburtsmitteilungen zu den Standesämtern der Kindeseltern in Deutschland gemacht."
Daran sehe man: "Auch wenn die Regelungen der Staatsangehörigkeit unproblematisch sind, ist dennoch leider nicht alles so einfach, wie man es sich wünschen würde", sagt Reichertz. Da gebe es im Detail, trotz aller bisherigen Abkommen, von Staat zu Staat noch einiges zu regeln.
Scheint also noch ein gutes Thema für weitere Verhandlungsrunden zu sein. Fazit: dauert noch.Meinung

Bitte flott!
Die Krankenkassen haben zwar bundesweit im Moment mehr damit zu tun, sich untereinander zu zoffen - siehe die Vorwürfe zum Thema "Manipulation bei ärztlichen Diagnosen". Das sollte sich aber nicht auf dieses schöne, kleine, deutsch-belgische Eifelprojekt auswirken. Kommt die gemeinsame Gesundheitszone zwischen St. Vith und Prüm zustande, wäre es ein großer Gewinn für alle Bürger. Deshalb die Bitte nach Mainz: Schnell alles ausbaldowern, damit es losgeht. Das kann doch nicht so schrecklich schwer sein, wenn man will. f.linden@volksfreund.de

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