"Computer kann Eheberater sein"

Der Leipziger Trendforscher Sven Gabor Janszky wünscht sich für das Wahljahr 2017, dass Gräben in der Gesellschaft überwunden werden. Etwa zwischen Menschen, die sehr auf digitale Technik setzen und denen, die mit dem Internet fremdeln.

"Computer kann Eheberater sein"
Foto: ARRAY(0x159d5af20)

Welche Entwicklung wird Deutschland 2017 prägen? Sven Gabor Janszky: Das größte Problem im Bundestagswahljahr wird sein, dass wir eine große Gruppe von Menschen haben, die ihr eigenes Zukunftsbild sehr un-digital prägt. Und es gibt eine andere große Gruppe, die sehr digital geprägt wird. Diese Bilder vom eigenen Leben sind sehr unterschiedlich. Und die beiden Gruppen reden nicht miteinander. So treffen plötzlich zwei völlig unterschiedliche Zukunftsbilder aufeinander. Wie wir es schaffen, dass die unterschiedlichen Gruppen im Land wieder miteinander reden und damit die Zukunftsbilder wieder eine gemeinsame Schnittmenge bekommen, das wird das größte Thema sein. Welcher große Trend wird besonders wichtig?Janszky: Der ganz große Trend hat noch mit Digitalisierung zu tun. Nachdem die heutige Digitalisierung auf der Auswertung von Echtzeit-Daten besteht, wird es in den kommenden fünf Jahren nochmals eine Weiterentwicklung geben. Dann werden wir Schneller-als-Echtzeit sein. Das klingt futuristisch, ist aber die normale Entwicklung der Computertechnik, im Fachjargon: predictive analytics. Das heißt: Computer analysieren Daten, prognostizieren die nahe Zukunft und geben uns Hinweise, wie wir unsere Prozesse am besten anpassen. Dies wird auch unser privates Leben beeinflussen. Schon heute kann Software ganz passabel die Symptome von Lügen erkennen. Sie gibt mir dann ein Zeichen: Übrigens, die Stimmlage deiner Frau hat sich gerade verändert. Sie scheint unsicher - oder lügt sie? Und wahrscheinlich macht der Computer dann Vorschläge: Tue jetzt das. Sage jetzt das oder jenes. Was wird das Alltagsleben besonders stark verändern?Janszky: Die größte Veränderung in unser aller Leben in den nächsten zwei, drei Jahren wird, dass wir keine Apps auf dem Smartphone mehr haben. Wir haben dann intelligente, digitale Assistenten, mit denen man in ganz normaler menschlicher Sprache sprechen kann. Alle großen Betriebssystemhersteller im Silicon Valley, aber auch in China, bringen schon heute als zentrale Werbebotschaft: Wir sind dein intelligenter Assistent. Und kurze Zeit später wird das nicht nur auf dem Handy sein, sondern in unsere Brillen eingeblendet, in unser normales Sichtfeld. Wovor sollten wir uns hüten?Janszky: Davor zu denken, dass das heutige Wissen und die bisherigen Erfahrungen in unserem Kopf bis zum Lebensende ausreichen. In vielen Bereichen verdoppelt sich das Wissen der Welt derzeit alle fünf Jahre. In Ihrem Themenbereich, was sind die größten Chancen und Risiken?Janszky: Im nächsten Jahr besteht die Chance für Deutschland politisch gesehen, dass man in der Bundestagswahl etwas beweisen kann: Dass man in der westlichen Welt das Land ist, das das Management zwischen der schnellen Entwicklung der einen und der langsamen Entwicklung der anderen hinbekommt. Und das es nicht nur populistisch geht, sondern in einer Weise, die unserem westlichen demokratischen Werteverständnis entspricht.Extra

Sven Gabor Janszky ist Autor, Trendforscher und Chef des Leipziger Instituts 2b Ahead ThinkTank. Unter der Leitung des 43-Jährigen kommen regelmäßig Experten zusammen, die Zukunftsszenarien entwerfen. dpa

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