Schließung des Atomkraftwerks Fessenheim rückt näher - Verwaltungsrat des Betreibers stimmt staatlichem Entschädigungsplan zu

Fessenheim · Für die Abschaltung des umstrittenen Atomkraftwerks Fessenheim ist eine wichtige Hürde genommen. Der Verwaltungsrat des Betreibers EDF stimmte ganz knapp dem staatlichen Entschädigungsplan zu.

In Fessenheim sind am Montagabend die Lichter ausgegangen. Die elsässische Gemeinde protestierte so gegen die Schließung des Atomkraftwerkes, die der Verwaltungsrat des Betreibers EDF am Dienstag in die Wege leitete. Mit nur einer Stimme Mehrheit beschloss das Gremium den Entschädigungsplan für die Stilllegung des ältesten französischen Meilers, der nur knapp 30 Kilometer von Freiburg entfernt liegt. Damit ist ein erster Schritt hin zum Aus des umstrittenen Akw gemacht, das Präsident François Hollande bereits im Wahlkampf 2012 versprochen hatte.

Der sozialistische Staatschef, der im Mai abtritt, wird die Abschaltung allerdings nicht mehr im Amt miterleben. Denn Fessenheim geht erst vom Netz, wenn der Druckwasserreaktor EPR in Flamanville am Ärmelkanal anläuft - und das kann noch dauern. Der EPR steht für eine beispiellose Pannenserie, die die Inbetriebnahme immer wieder verzögerte. Inzwischen wird ein Betriebsstart Ende 2018 anvisiert. Für das Ja des Verwaltungsrates zum Entschädigungsdeal war Flamanville ein wichtiges Argument: der Staat hatte EDF einen Weiterbau nur in Aussicht gestellt, wenn im Gegenzug die Abschaltung von Fessenheim durchkommt.

Umweltschützer begrüßten die Entscheidung. "Das ist die beste Investition, die EDF machen kann, da Fessenheim eine der ältesten und gefährlichsten Anlagen Frankreichs ist und die Produktion ohnehin seit Monaten wegen einer Anomalie in Reaktor zwei halbiert ist", erklärte Yannick Rousselet, der Energieexperte von Greenpeace Frankreich. Die Umweltorganisation will genau darauf achten, dass nach dem Beschluss nun auch die nächsten Maßnahmen folgen.

Deutsch-französische Kommission für neue Nutzung

Der Stromkonzern EDF, an dem der Staat mit 86 Prozent beteiligt ist, muss zunächst offiziell den Entzug der Betriebserlaubnis beantragen - ein Schritt, für den eine erneute Verwaltungsratssitzung nötig ist. Die Regierung wird dann ihrerseits ein Dekret veröffentlichen, das die Nutzung des Atomkraftwerkes beendet. Die Gewerkschaften hatten sich bis zuletzt gegen die Abschaltung der beiden Reaktoren gewehrt, an denen insgesamt 2200 Arbeitsplätze hängen. "Die Streichung von tausenden Stellen wäre eine soziale Katastrophe", erklärten mehrere Gewerkschaften vergangene Woche. Die sechs Gewerkschaftsvertreter stimmten deshalb im Verwaltungsrat geschlossen gegen das Aus. Den Ausschlag für die Abschaltung gab die Stimme von EDF-Chef Jean-Bernard Lévy, der mit Ja votierte.

Die Nachbarländer hatten mehrfach gefordert, dass Fessenheim vom Netz geht. Die beiden Reaktoren aus dem Jahr 1977 liegen im Oberrheingraben und damit in einer erdbebengefährdeten Zone. Für die Oberrhein-Region schlug Umweltministerin Ségolène Royal der Bundesregierung eine gemeinsame Kommission vor, die Ersatzprojekte ausarbeiten soll. Dazu könnten eine deutsch-französische Batteriefabrik, eine Produktionsstätte des Elektroauto-Herstellers Tesla oder eine Pilotanlage zur Stilllegung von Atomkraftwerken gehören.

Das französische Energiewendegesetz sieht vor, den Anteil der Atomkraft bis 2025 von derzeit 75 auf 50 Prozent herunterzufahren. Die Energiepolitik Frankreichs, dem Land mit den meisten Atomkraftwerken in Europa, kommt im Mai allerdings auf den Prüfstand, wenn ein neuer Präsident gewählt wird. Falls der in Umfragen führende François Fillon gewinnt, ist auch das Schicksal von Fessenheim wieder offen: Der Konservative will die Abschaltung rückgängig machen.

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