Kleiner Hund, großer Einsatz - Yorkshire-Terrier hilft Schwerkranken

Neuerburg · Yorkshire-Terrier Hachiko hilft schwerkranken Menschen. Er und Halter Paul Schares sind ein ausgebildetes Therapie-Team.

 Paul Schares und Yorkshire-Terrier Hachiko im Einsatz. Für den Bewohner der Pflegeeinrichtung, Waldemar, sind die Besuche des Hundes immer ein besonderes Erlebnis. TV-Fotos (5): Nora John

Paul Schares und Yorkshire-Terrier Hachiko im Einsatz. Für den Bewohner der Pflegeeinrichtung, Waldemar, sind die Besuche des Hundes immer ein besonderes Erlebnis. TV-Fotos (5): Nora John

Foto: (e_lalu )

Hachiko liegt entspannt auf seiner Hundedecke, seine Augen sind geschlossen. Es ist ein friedliches Bild. Aber trotz der Entspannung ist der Yorkshire-Terrier Hachiko mitten im Einsatz. Er ist ausgebildeter Therapiehund. Er und sein Herrchen Paul Schares sind ein gut eingespieltes Team im Dienst des Deutschen Roten Kreuzes und arbeiten mit schwer kranken Menschen in der Pflegeeinrichtung St. Elisabeth des Gesundheitszentrums Neuerburg.
Hachikos Decke liegt auf dem Bett von Waldemar, der vom Hals ab querschnittgelähmt ist und nur noch den rechten Arm leicht bewegen kann. Die Zeit mit dem kleinen Hund sei für ihn der Höhepunkt der sonst durch die Behinderung eher eintönigen Woche, sagt Paul Schares.

Waldemar kann kaum mit seiner Umwelt kommunizieren, nur selten kann er Worte formulieren, Sätze fast gar nicht. Und doch ist deutlich zu sehen, wie sehr er auf den Hund reagiert. Die Augen, die vorher nur ins Leere zu blicken scheinen, sind jetzt ganz deutlich auf den kleinen Hund gerichtet. Der Bewohner lässt ihn nicht mehr aus dem Auge. Mit der rechten Hand berührt Waldemar das Fell des Terriers, streichelt ihn sachte mit den Fingern.
"Paul war mit Hund da", habe Waldemar, der sonst nicht spricht, nach einem der ersten Besuche gesagt, berichtet Schares.

Hachiko scheint die Entspannung im Moment ganz recht zu sein, denn hinter ihm liegt eine anstrengende Stunde, in der er und Paul Schares mit drei Bewohnerinnen gearbeitet haben. Um hier mit den Menschen so umgehen zu können, musste Hachiko viel lernen (siehe Extra).

Und dabei war es eher Zufall, dass er zum Therapiehund wurde. Trotz Ausbildung in der Welpenschule, Grunderziehung, Fortgeschrittenengruppe und der Zielobjektsuche dachte Paul Schares noch nicht dran, seinen Schützling als Therapiehund einzusetzen.

Doch dann hatte sein Vater, der Hachiko normalerweise tagsüber betreut, keine Zeit und Schares nahm ihn mit zur Arbeit in die Neuerburger Klinik, wo er neben seiner Arbeit am Marienhaus Klinikum Eifel immer freitags als Hygienefachkraft tätig ist. "Da habe ich gesehen, wie er mit den Patienten umgeht", erzählt Schares.

Dass Hachiko richtig gut ist in seinem Job, beweist er auch in der Therapiestunde mit Rosi, Klementine und Annette. Alle drei sind Bewohnerinnen der Neuerburger Pflegeeinrichtung und haben bisher unterschiedlich große Fortschritte gemacht. Deshalb macht jede von ihnen andere Übungen, ganz auf ihre persönlichen Bedürfnisse abgestimmt. Allen gemeinsam ist die Freude in dieser Stunde.

Den Anfang macht heute Annette, die noch im Rollstuhl sitzt. Damit sie mit der Hand an Hachiko heranreichen kann, sitzt dieser erhöht auf einem Hocker. Annette bekommt eine Bürste in die Hand, mit der sie das ohnehin bestens gepflegte Fell des Hundes bearbeitet. Für Annette ist die Koordination der Bewegungen schon eine große Herausforderung. Aber auch die nächste Schwierigkeitsstufe, die Nutzung eines Kamms bei der Fellpflege, meistert sie. Anschließend gibt es für den Therapiehund eine Belohnung. Auch das ist Teil der Übung. Annette reicht ihm das Leckerli, Hachiko nimmt es sanft aus ihrer Hand. "Ich fühle mich gut", sagt sie lächelnd.

Bis das mit den Leckerli klappte, musste auch der Yorkshire-Terrier viel lernen. Denn er hatte auf Grund seiner guten Erziehung verinnerlicht, dass Essen vom Boden oder von Fremden absolut tabu ist. "Es hat acht Wochen gekostet, dass er wieder Leckerli von anderen nimmt", erzählt sein Herrchen.

Hachiko ist aber nicht nur bei der Bewegungstherapie ein nützlicher Helfer. Auch bei Übungen, die den Geist trainieren sollen, leistet er wertvolle Hilfe. Paul Schares wirft einen Schaumstoffwürfel in den Raum, der fast größer ist als der fröhliche Vierbeiner. Dessen Aufgabe besteht nun darin, den gelben Würfel mit den schwarzen Punkten anzustupsen. Die Zahl, die oben liegt, multipliziert Klementine mit der vorherigen. Es klappt prima, sie ist mit großem Eifer bei der Sache. Das Lernen macht dank tierischer Hilfe mehr Freude als stures Üben mit Zahlen. Deshalb kann Schares auch bei Klementine eine positive Entwicklung feststellen.

Für Rosi ist es ein ganz besonderer Tag. Es ist der letzte für sie in der Neuerburger Einrichtung. Am nächsten Tag kann sie nach einem halben Jahr endlich nach Hause. Das sieht sie mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Lachend, weil sie sich auf ihr Zuhause freut. Weinend, weil es dort keinen Hachiko gibt. Aber Schares verspricht, sie auch bei ihr daheim zu besuchen.

Doch zunächst heißt es für Rosi üben mit Hund und Rollator. Erst läuft der Terrier an der Leine, dann thront er oben auf der Gehhilfe. Die Streicheleinheiten genießen Hund und Mensch.

Heute hat bei der Therapiestunde alles gut geklappt. Das ist nicht immer so. "Es ist ein Tier, er hat gute und schlechte Phasen", sagt Schares. Das zu erkennen ist seine Aufgabe. "Wir sind für die Hunde verantwortlich", beschreibt er die Pflichten eines Hundehalters.

Zum Abschluss der Stunde darf Hachiko noch etwas spielen und kleine Kunststücke vollführen. Er sucht Leckerli, springt durch einen Reifen oder über eine Hürde. Er hat Spaß und seine Zuschauerinnen auch.

Damit Hachiko seinen ehrenamtlichen Dienst in der Pflegeeinrichtung versehen kann, muss sein Teampartner Paul Schares vieles beachten und etliche Auflagen erfüllen. Die Gesundheitsvorsorge steht dabei ganz oben. Der Hund muss vollständig geimpft sein und einmal jährlich vom Tierarzt untersucht werden. Für Hygienefachkraft Schares ist selbstverständlich auch dieses Thema von besonderer Bedeutung. Geregelt ist das alles mit einem richtigen Vertrag.
Das alles ist viel Aufwand und auch mit Kosten verbunden, die Paul Schares selber tragen muss. Das alles ist es ihm aber wert. Er freut sich über die enge Bindung, die zwischen ihm und seinem Hund besteht. "Ich mach das für mein Leben gern", sagt Schares.

Beliebt ist das Doppelteam Hund und Mensch auf jeden Fall in Neuerburg. "Die Menschen sind fröhlicher", sagt Pflegedienstleiterin Sabrina Schmitz. Oft seien die Bewohner aufgrund der schweren Erkrankung depressiv.
"Man sieht viele das erste Mal wieder lachen."PFLEGEEINRICHTUNG ST. ELISABETH, NEUERBURG

Die Pflegeeinrichtung St. Elisabeth in Neuerburg für Menschen in der Phase F und/oder Langzeitbeatmung besteht seit August 2007 und hält insgesamt 23 Plätze vor. Sie gehört zum Marienhausklinikum Bitburg. Als Phase F ist die Phase der Behandlung und Rehabilitation zu bezeichnen, in der dauerhaft unterstützende und betreuende Maßnahmen erforderlich sind für die Menschen, die nicht mehr selbstständig den Alltag leben können. Hier werden die Menschen behandelt, bei denen in den letzten Monaten der neurologischen Behandlungs-Rehabilitationsphasen B und C kein weiterer funktioneller Gewinn erreicht werden konnte. Krankheitsbilder sind zum Beispiel Zustand nach Hirnblutungen, Schädel-Hirn-Trauma, Muskelerkrankung, COPD (Krankheiten der Lunge). Diese können auch beatmungspflichtig sein. Ziel bei der Behandlung ist die Verbesserung der Teilhabe am sozialen Leben durch Verminderung der Beeinträchtigung oder Verhüten einer Verschlimmerung.DIE AUSBILDUNG DER THERAPIEHUNDTEAMS

Bis zum erfolgreichen Abschluss der Therapiehundeausbildung, die im Saarland möglich ist, müssen die Teilnehmer viele Hürden nehmen. Zur Ausbildung werden nur Hunde zugelassen, die eine hohe Stresstoleranz haben, offen gegenüber Menschen sind und sich gerne anfassen lassen. Sie dürfen nicht schreckhaft oder ängstlich sein und müssen gut erzogen sein. Dabei spielt die Rasse oder die Größe des Hundes keine Rolle. Die Ausbildung selbst besteht aus vier Theorieabenden und vier Ausbildungswochenenden. Diese enthalten viele praktische Übungen, die den Hund auf möglichst viele Situationen vorbereiten. Einen weiteren, wichtigen Schwerpunkt bilden die Hospitationen in unterschiedlichen Einrichtungen, in denen sich Hund und Halter bei unterschiedlichen Anforderungen bewähren müssen. Diese Einsätze werden bei der Beurteilung des Hundes hinzugezogen und sind somit Teil der Abschlussprüfung, bei denen sich die neuen Teams in Theorie und Praxis beweisen müssen. Mehr Infos im Internet: www.therapiehunde-saar-pfalz.deKindernachricht

 Ein Leckerli von Annette. Auch das gehört zur Therapiestunde.

Ein Leckerli von Annette. Auch das gehört zur Therapiestunde.

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Kleiner Hund, großer Einsatz - Yorkshire-Terrier hilft Schwerkranken
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 Würfeln für die Rechenaufgaben.

Würfeln für die Rechenaufgaben.

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Wusstet ihr, dass es viele Hunde gibt, die so etwas wie einen richtigen Beruf haben? Mehr erfahrt ihr auf der Internetseite für Kinder von Volksfreund-Leseratte Lucky .

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