Roscheider Hof: Ein Stück Kyllburger Geschichte findet in Konz seine neue Heimat (Fotos/Video)

Konz/Kyllburg · Das Museum im Roscheider Hof ist einmalig in der Region Trier. Nun startet die Institution die Freiluftsaison mit einem historischen Ladenlokal aus einer ehemaligen Touristen-Hochburg.

Ein Falke schreit. Der Ruf hallt unüberhörbar durch den historischen Vierkanthof in Konz. Dann flitzt der elegante Greifvogel durch die Luft und verjagt die Tauben, die es sich auf dem Dach des Museumsgebäudes gemütlich gemacht haben. Helge Klaus Rieder, seit 2016 ehrenamtlicher Leiter des Freilichtmuseums Roscheider Hof in Konz, beobachtet die Szenerie und lächelt zufrieden. Er freue sich, dass die Falken dort nisten, sagt er. Sie schützten die Gebäude vor den Hinterlassenschaften der Tauben. Und sauber blitzende Fassaden sind Rieder gerade besonders wichtig. Denn die haupt- und ehrenamtlichen Museumsmitarbeiter bereiten die Hauptsaison vor, die traditionell am Palmsonntag, dieses Jahr am 9. April, eröffnet wird. Auch der Museumsspielplatz soll dann frisch saniert sein, und alle Gebäude sind wieder für Besucher geöffnet.

Höhepunkt des Saisonauftakts ist um 15 Uhr die Vorstellung eines neuen Ladens. Vom Haupteingang aus über den ersten Innenhof geht es zum Durchgang in den zweiten Hof. Dort ist das neue Ausstellungsstück zu finden. Schon die Auslage im Schaufenster ist kurios: Zwei Schilder weisen auf Ausflüge nach Trier und nach Bernkastel hin. Daneben stehen Vasen und Gläser mit Ansichten der Stadt, aus denen das Inventar stammt. Ein kleines holzumrahmtes Schild gibt den entscheidenden Hinweis: "120 Jahre Kirchenchor Cäcilia Kyllburg", steht darauf. Das Schaufenster stammt aus dem Laden, den Josef Quirin in der einstigen Touristen-Hochburg und Einkaufsstadt Kyllburg (Eifelkreis Bitburg-Prüm) aufgebaut hat. Der Fotograf war dort ab 1880 ansässig. Museumsmitarbeiter Markus Berberich hat die Geschichte des Ladens für das Freilichtmuseum aufgearbeitet und das Inventar arrangiert.

Die Geschichte ist schnell erzählt: Um 1905 erbaut Quirin sein Geschäft. das Gebäude steht noch heute in der Kyllburger Bahnhofstraße. Nach dessen Tod 1928 führt sein Sohn Hugo Quirin die Geschäfte - unter neuen Voraussetzungen, denn in den 1920er und 1930er Jahren wird Kyllburg als Kurort bekannt. Quirin richtet sein Warenangebot deshalb gezielt auf Touristen aus. Neben Fotos und Postkarten verkauft er Hüte und Mützen, Uhren, Schmuck und Schirme. Zusätzlich betreibt er eine Werkstatt für Schirme, Uhren und Schmuck.

Im Roscheider Hof sind die alten Artikel in der Auslage in der Ladentheke und in den Regalen zu finden - vom Regenschirmgriff über Würfelblitze für Fotokameras und einen knallgelben Diabetrachter aus Plastik bis hin zu Ansteckern mit Initialen oder Gläsern und Vasen mit Stadtansichten, die an die große Vergangenheit des Kurorts Kyllburg erinnern.

Nach dem Zweiten Weltkrieg heiratet Hans Klotz Hugo Quirins Adoptivtochter Katharina und übernimmt den Laden. Obwohl die touristische Strahlkraft vonKyllburg ab den 1970er Jahren beständig abnimmt, führt er das Geschäft bis kurz vor seinem Tod weiter. In Kyllburg ist Klotz stadtbekannt. 2013 stirbt er mit 94 Jahren. Die Nachlassverwalter des Geschäftsmanns geben das Inventar dann an das Konzer Freilichtmuseum weiter. Museumsgeschäftsführer Hermann Kramp sagt: "Bemerkenswert ist die Kombination der Artikel, die dort angeboten wurde - es gab alles, was der Tourist braucht."

Rieder beklagt, dass der Laden erst vier Jahre später aufgebaut werden kann. Das Museum habe mit vier Stellen einfach zu wenig festangestellte Mitarbeiter. Trotz der Personalnot seien inzwischen mehr als 15 Ladenlokale im Roscheider Hof ausgestellt - vom Kolonialwarenladen über einen Uhrmacher, eine Apotheke einen Plattenladen und ein Hutgeschäft und Metzgereien bis hin zum Laden extra für Touristen. "Das ist wohl unter den Freilichtmuseen in Deutschland einzigartig", sagt Rieder. Er erwartet dieses Jahr wieder 65.000 Besucher im Roscheider Hof. 2016 hat der Museumsverein nur 62.000 gezählt. Diesen Rückgang im Vergleich zu den Vorjahren begründen Kramp und Rieder mit dem schlechten Wetter im Frühsommer und mit den vielen Baustellen in Konz - insbesondere auf der K 134, der Hauptzufahrtsstrecke von Trier aus nach Roscheid. Um viele Gäste ins Museum zu locken, sind dieses Jahr neun Veranstaltungen geplant. Und wenn viele Besucher da sind, helfen sie vielleicht den beiden Falken, die Tauben von den historischen Gemäuern fernzuhalten. VERANSTALTUNGEN IM MUSEUM

Das Museum ist bis Ende Oktober von Dienstag bis Freitag zwischen 9 und 18 Uhr, und sams-, sonn- und feiertags von 10 bis 18 Uhr geöffnet. Montags ist Ruhetag. .Zusätzlich sind neun größere Veranstaltungen geplant: Saisoneröffnung: Sonntag, 9. April, 10 bis 18 Uhr. Living History: Am Samstag, 20. Mai, und am Sonntag, 21. Mai, geht es jeweils zwischen 10 und 18 Uhr um den Schwarzmarkt in den Nachkriegsjahren (Motto: "Teppich gegen Speck"). Rosenblütenfest: Sonntag, 18. Juni, 11 bis 18 Uhr. Es gibt Live-Musik von der Rhythm and Blues Band aus Trier und dem Chor Primadonna. Waldbühnenfest: Sonntag, 9. Juli, 11 bis 18 Uhr. Kindertag: Sonntag, 6. August, 11 bis 18 Uhr. Living History: Samstag und Sonntag, 19. und 20. August, jeweils zwischen 10 und 18 Uhr. 10.00 Uhr ein evengelischer Gottesdienst statt. Sonntags findet der Gottesdienst der evangelischen Kirchengemeinde im Rahmen des Programms 95 Gottesdienste an ungewöhnlichen Orten der Evangelischen Kirche im Rheinland im Roscheider Hof statt.Bauerntag: Sonntag, 10. September, 11 bis 18 Uhr. Keltertag/Living History: Samstag und Sonntag, 30. September und 1. Oktober, jeweils 11 bis 18 Uhr. Weihnachtsdorf: Samstag und Sonntag, 9., 10., 16. und 17. Dezember, jeweils von 11 bis 19 Uhr. Info

 Helge Klaus Rieder steht hinter der Ladentheke inmitten der historischen Andenken an den Kyllburger Laden von Josef Quirin.

Helge Klaus Rieder steht hinter der Ladentheke inmitten der historischen Andenken an den Kyllburger Laden von Josef Quirin.

Foto: Christian Kremer

Das historische Foto stammt laut Recherchen des Museumsmitarbeiters Markus Berberich aus der Zeit vor 1938. Das Bild zeigt die Front des Ladens der Familie Quirin in der Bahnhofstraße in Kyllburg. In der Mitte steht Katharina Quirin. Wer das Mädchen links und die Frau rechts sind, haben die Recherchen bisher nicht zutage gefördert. Wer mehr Informationen zu dem Foto hat, kann sich an das Freilichtmuseum Roscheider Hof wenden unter Telefon 06501/92710. Foto: Nachlass Hugo Klotz

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