10 000 Hertz gegen den Schmerz - Trierer Ärzte machen es möglich (Video/Fotos)

Trier · Chronisch kranke Patienten werden in der Region Trier besser versorgt als im Bundesdurchschnitt. Eine neue Therapie bringt Hoffnung für viele, denen sonst nichts helfen kann.

10 000 Hertz gegen den Schmerz - Trierer Ärzte machen es möglich (Video/Fotos)
Foto: Rainer Neubert

Für mehr als 163?000 Menschen in Rheinland-Pfalz macht der Schmerz das Leben zur Hölle. "Niemand kann sich vorstellen, wie schlimm das ist", ist Harald Schmitt überzeugt. Der 60-jährige Trierer kämpfte zehn Jahre lang mit den Folgen mehrerer Bandscheibenvorfälle. Weder Medikamente, psychologische Betreuung, noch Physiotherapie zeigten am Ende Wirkung. Der Schmerz hatte sich verselbstständigt zu einem eigenständigen Krankheitsbild.

Schmitt und bislang 120 weiteren Patienten mit schwersten chronischen Schmerzen hat eine neue Behandlungsmethode neuen Lebensmut gebracht, die im Brüderkrankenhaus Trier seit knapp zwei Jahren angewendet wird. Elektrische Impulse mit der hohen Frequenz von 10?000 Hertz reduzieren dabei über im Rückmarkkanal implantierte Elek?troden das Schmerzfeuerwerk des Körpers. "Wir können damit zumindest einen Teil der Patienten helfen, bei denen normale Verfahren nicht wirksam sind", sagt der Neurochirurg Dr. Gernot Surges. "Bei psychosomatischen Beschwerden können wir damit allerdings nicht helfen."

Eng arbeitet der Oberarzt bei der Auswahl geeigneter Patienten mit den Ärzten und Therapeuten des Klinikums Mutterhaus der Borromäerinnen zusammen. Dort ist die Behandlung von Schmerzpatienten so alt wie das Fachgebiet der Schmerzmedizin selbst: 20 Jahre. Die Kooperation gilt als beispielhaft dafür, was Fachverbände und Krankenkassen dringend fordern: "Wir brauchen eine durchgängige Versorgungskette, beginnend beim Hausarzt als Lotsen, über eine ambulante Schmerztherapie bis hin zu einer multimodalen Schmerztherapie im Krankenhaus für Patienten mit besonders schwerwiegenden Krankheitsverläufen", sagt Dunja Kleis, Geschäftsführerin der Barmer GEK Rheinland-Pfalz. Der Begriff multimodal bezeichnet dabei das Zusammenwirken von medizinischer und psychologischer Schmerztherapie, Patientenschulung und physiotherapeutischem Training, wie es in der Abteilung für Schmerz- und Palliativmedizin im Mutterhaus üblich ist.

Chefarzt Dr. Lorenz Fischer kennt das Problem, das auf Bundesebeneauch beim Deutschen Schmerzkongress moniert wurde: "Eine fachübergreifende Behandlung von Schmerzpatienten ist im Gesundheitssystem nicht vorgesehen." Dabei sei Schmerz das Krankheitssymptom, das den höchsten Leidensdruck erzeuge.

Vor allem unter den niedergelassenen Ärzten gibt es auch nach Ansicht der Krankenkassen zu wenige mit schmerztherapeutischer Fortbildung. Lediglich 79 entsprechend qualifizierte Mediziner hat die Barmer in der Studie ermittelt.

Eine stärkere Vernetzung im Gesundheitswesen fordert angesichts solcher Zahlen auch die AOK. "Nur wenn der Arzt des Vertrauens beziehungsweise der Hausarzt als Lotse mittels Vernetzung im Gesundheitswesen den richtigen Behandlungsweg aufzeigt, kann die Lebensqualität von Patienten mit Schmerzerkrankungen nachhaltig verbessert werden", sagt Christiane Fink, Vorstandsbevollmächtigte der AOK Rheinland-Pfalz/Saarland.

Zumindest im Bundesvergleich schneidet Rheinland-Pfalz besser ab als andere Länder. So haben im Jahr 2014 von 100?000 Einwohnern immerhin 115 eine multimodale Schmerztherapie erhalten. Bundesweit waren es nur 75.

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