Keine Hauptstadt des Verbrechens: Wie Trier fälschlicherweise zur kriminellen Hochburg gemacht worden ist

Bernd Wientjes · Es gibt Schlagzeilen, auf die kann eine Stadt verzichten. Zumal wenn damit ein völlig falsches Bild gezeichnet wird.

" Die kriminellste Stadt Deutschlands ist gar nicht Berlin, sondern …Trier! " titelte die Online-Zeitung Orange, ein für junge Leute gemachter Ableger der Wirtschaftszeitung Handelsblatt. Selbst in Frankfurt, Köln oder Hamburg soll es demnach weniger kriminell sein als in der beschaulich geltenden und von der Polizei immer als sicher gepriesenen Moselmetropole. Statistisch gesehen mag das sogar richtig sein.

In der vorgestern von Bundesinnenminister Thomas de Maizière vorgestellten Kriminalitätsstatistik liegt Trier bei der Zahl der Straftaten auf 100.000 Einwohner gerechnet tatsächlich vorn. 18.653 Straftaten hat es 2016 in dem Oberzentrum gegeben. Heruntergebrochen auf 100.000 Einwohner macht das 16.232 Straftaten - 71 mehr als in Berlin und sogar mit 561 Fällen deutlich mehr als in Frankfurt.

Doch beim näheren Betrachten der Statistik stellt sich heraus, dass Trier keinesfalls plötzlich zu einem Hort der Schwerkriminalität geworden ist. Vier Fälle von Mord und Totschlag hat es dort im vergangenen Jahr gegeben. In Städten wie Flensburg oder Salzgitter mit deutlich weniger Einwohnern wurden aber sechs bzw. elf mehr Tötungsdelikte erfasst. Insgesamt liegt die Moselstadt bei Gewaltkriminalität mit 327 Fällen auf 100.000 Einwohner deutlich hinter Frankfurt, Dortmund oder Bremerhaven.

Was aber macht Trier denn nun angeblich so kriminell? Die Erklärung findet sich fast am Ende der Statistik des Bundeskriminalamtes bei den Straftaten gegen das Aufenthaltsrecht. Dahinter verbergen sich die illegal, also ohne Visum, eingereisten Flüchtlinge. In Trier wurden im vergangenen Jahr alle nach Rheinland-Pfalz kommenden Asylbewerber zentral registriert.

Daher erfasste die Polizei 2016 dort 9090 Verstöße gegen das Aufenthaltsrecht.. Zieht man diese Fälle von den übrigen Straftaten ab, bleiben noch 9563 Delikte übrig. "Damit käme Trier nur noch auf 8322 Fälle je 100.000 Einwohner", räumten die Macher von Orange nachträglich ein und kürten stattdessen Berlin, Hannover und Leipzig zu den "Hauptstädten des Verbrechens".

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