Ein Jahr Rot-Gelb-Grün in Rheinland-Pfalz: Heute gibt's Zeugnisse!

Mainz · Wie haben sich die Minister und ihre Chefin in Rheinland-Pfalz geschlagen? Der TV verteilt Noten. Es finden sich Gewinner und Verlierer.

Ein Jahr Rot-Gelb-Grün in Rheinland-Pfalz: Heute gibt's Zeugnisse!
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Es war nicht alles Hahnsinn in der Landesregierung - aber doch eine ganze Menge. Die Posse um den geplatzten Verkauf des Hunsrück-Airports 2016 prägt das Ampelbündnis aus SPD, FDP und Grünen. Doch was passierte sonst? Der TV bewertet, wie sich Landeschefin Malu Dreyer und die neun Minister im ersten Jahr der Koalition geschlagen haben.

Malu Dreyer (Ministerpräsidentin, SPD): Im ersten Ampel-Jahr geriet die Landeschefin so harsch in die Kritik wie nie zuvor - wegen des Hahn. Erst überstand Dreyer einen Misstrauensantrag der CDU, dann belasteten Wirtschaftsberater die Ministerpräsidentin, Zeitdruck gemacht zu haben. Und mit der Rückendeckung für Innenminister Roger Lewentz ging sie ein Risiko ein, sollten noch weitere Schnitzer des Ministeriums ans Tageslicht kommen. Befürworter loben dagegen, wie Dreyer die Koalition zusammenhält. Und als Bundesratspräsidentin überzeugte die Triererin zuletzt als diplomatische Vertreterin in Argentinien und Uruguay. Das Dreyer-Wort hat auch Gewicht, wenn sie bundespolitisch etwas zu sagen hat. All das hat sie nach schleppendem Start wieder in die Spur gebracht.

Die TV-Note: 2

Volker Wissing (Wirtschafts-, Verkehrs- und Weinbauminister, FDP): Die Wirtschaft harmoniert mit Wissing, der Schwerpunkte für Gründer, Meister und Straßen legt. Zeigen muss sich, wie es künftig tatsächlich mit dem Straßenbau vorangeht, da es dem Land an Ingenieuren fehlt. Gelitten hat das Verhältnis mit der CDU. Das zeigt sich bei Anspielungen auf schlechte Erfahrungen mit der Union im Bund und beim Streit mit dem Rhein-Hunsrück-Landrat, wer für den Bau einer Mittelrheinbrücke zahlen muss. Wissing ist aber nicht nur als Minister, sondern auch als FDP-Landeschef gefordert. Er muss die bisher fehlende Ausstrahlung des Fraktionschefs Thomas Roth ausgleichen und aufpassen, den konservativen Flügel in der FDP nicht zu verprellen. Der Spagat gelingt bislang.

Die TV-Note: 2

Stefanie Hubig (Bildungsministerin, SPD): Hubig arbeitete zuvor als Staatssekretärin im Bundesjustizministerium, die Bildungspolitik war neu für sie. Beobachter sagen, dass sie sich immer besser einarbeitet, und loben ihre Fähigkeit zuzuhören. Zugleich muss sich die SPD-Politikerin noch stärker als Chefin in Szene setzen - in Pressekonferenzen wurde sie mehrfach von ihrem Staatssekretär vor versammelter Journalistenschar korrigiert. Die Prüfung von 41 kleinen Grundschulen im Land läuft. Welchen Schulen das Aus droht, ob es zu Konflikten mit Gemeinden kommt und was in strittigen Fällen passiert, sind Fragen, mit denen sich Hubig konfrontiert sieht.

Die TV-Note: 3

Anne Spiegel (Integrations-, Frauen- und Verbraucherministerin, Grüne): Spiegel ist mit 36 Jahren die jüngste Ministerin in Rheinland-Pfalz. Ihr wichtigster Punktsieg: Sie lehnte es ab, die Maghreb-Staaten Marokko, Algerien und Tunesien im Bundesrat als sicherere Herkunftsländer zu bezeichnen. Gerade die FDP murrte darüber, doch Spiegel knickte nicht ein. Trotzdem muss von Spiegel mehr kommen. Die Grüne versteckt sich zu häufig, konnte bislang kaum ein öffentlichkeitswirksames Thema setzen.

Die TV-Note: 4

Roger Lewentz (Innenminister, SPD): Er ist nach den Pannen des zuerst gescheiterten Hahn-Deals der große Verlierer unter den Ministern. Der zweite Verkauf an den chinesischen Konzern HNA klappte zwar, doch der veröffentlichte Rechnungshof-Bericht offenbarte erneut peinliche Patzer und vernachlässigte Kontrollen im Innenministerium. Trotzdem sitzt Lewentz nach der Rückendeckung von Dreyer fest im Sattel - der Minister ist zugleich SPD-Landeschef, gut vernetzt und bei weiten Teilen der Basis beliebt. Die Pannen des Hahn-Verkaufs bleiben aber haften.

Die TV-Note: 5

Doris Ahnen (Finanzministerin, SPD): Sie ist keine Frau der großen Politik-Show, doch genau darin liegt ihre Stärke. Beobachter loben ihre Verlässlichkeit, ihre Themen habe sie im Griff, sei stets auf den Punkt vorbereitet. Und nicht nur das: Ein Kenner sagt, wenn bei Malu Dreyer ein Wort besonders zähle, dann das der Triererin. Auch aus dem Rechnungshof-Bericht zum Hahn geht die Ministerin als Gewinnerin hervor, weil das Ressort vor den Käufern warnte. Kritiker monieren, dass Ahnen bei der Abstimmung trotzdem die Hand für den dubiosen Käufer hob. Schwierig war für Ahnen auch das Gerichtsurteil zum Pensionsfonds, der die Versorgung der Landesbeamten regelt. Bis zum Sommer will die Ministerin ein neues Konzept vorlegen.

Die TV-Note: 2 plus

Konrad Wolf (Wissenschafts- und Kulturminister, SPD): Bei den Hochschulen will das Land bis 2018 ein Gesetz erstellen, um sie leistungsfähiger zu machen. Ansonsten hat sich Konrad Wolf bislang kaum einen Namen gemacht. Beobachter fragen spöttisch "Konrad wer?", wenn sie auf den Wissenschaftsminister zu sprechen kommen. Und zweifeln an, ob Bildungs- und Kulturministerium nach der Legislaturperiode 2021 noch mal getrennt werden.

Die TV-Note: 4 minus

Herbert Mertin (Justizminister, FDP): Der Start für Herbert Mertin verlief unglücklich. Er wurde über die Flucht eines Sträflings in Diez nicht informiert und geriet in die Kritik. Doch die Lage hat sich für den FDP-Politiker beruhigt. Beobachter loben, dass er das Ministerium geräuschlos führt und verloren gegangenes Vertrauen der Justiz wieder aufgebaut hat. Das Ministerium hat auch neue Stellen für Richter und Staatsanwälte geschaffen - nach Ansicht des Richterbundes aber nicht genügend. Die personelle Besetzung in der Justiz wird Mertin weiter begleiten.

Die TV-Note: 2 minus

Sabine Bätzing-Lichtenthäler (Pflege-, Gesundheits- und Arbeitsministerin, SPD): Krankenhäuser klagen über fehlendes Geld, bei Ärzten und Pflegepersonal drohen Versorgungsprobleme. Die Ministerin hat ein großes Feld zu beackern, was sie Beobachtern zufolge mit Fleiß und Charme macht. Sie ist gefordert, weitere Konzepte zu liefern, braucht aber auch mehr Unterstützung aus dem eigenen Haus.

Die TV-Note: 3

Ulrike Höfken (Umweltministerin, Grüne): Die Eifelerin ist eine Verfechterin der Energiewende. Ein Baustein davon: der Wärmeverbrauch durch erneuerbare Energien, den sie stärken will. Bei den Grünen ist Höfken als Urgestein respektiert. Die starke öffentliche Wirkung, wie sie FDP-Politiker Volker Wissing sucht und erzielt, fehlt den Grünen bislang aber in ihrem Spitzenpersonal.

Die TV-Note: 3

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