Trier bietet Stadtführungen in Gebärdensprache an (Video)

Trier · Gesten für Gäste: Trier bietet nun Stadtführungen auch in Gebärdensprache an. Das Besondere daran: Die Stadtführer sind selbst hörbehindert. Der Behindertenbeauftragte ist angesichts der Eigeninitiative voll des Lobes.

Von 100 Bundesbürgern ist einer taub, ein bis zwei weitere gelten als schwer- oder resthörig. Legt man diese Faustregel zugrunde, gibt es in Deutschland rund zwei Millionen hörbehinderte Menschen. Am öffentlichen Leben teilzuhaben, ist für sie meist schwer.

Markus Sachen (46) aus Konz-Krettnach, Gerhard Schneble (66) aus Igel, Norbert Herres (60) aus Kasel und die Langsur-Mesenicherin Traudel Theisen (49) wissen das aus eigener Erfahrung. Sie sind hörbehindert - und haben neuerdings eine weitere Gemeinsamkeit: Sie sind die in Rheinland-Pfalz ersten offiziellen Gästebegleiter, die Stadtführungen in Gebärdensprache leiten, also mit Gestik, Mimik, lautlos gesprochenen Wörtern und Körperhaltung kommunizieren.

Von Hörbehinderten für Hörbehinderte: "Darauf sind wir sehr stolz", betont Norbert Käthler (52), Geschäftsführer der für die Stadtführungen zuständigen Trier Tourismus und Marketing GmbH (TTM). Er sieht das Angebot nun "sehr sinnvoll ergänzt". "Barrierefreie" Führungen (für blinde und sehgeschädigte Menschen, für Gehbehinderte sowie in leichter Sprache) können in der Trier-Information an der Porta Nigra schon länger gebucht werden.

Stolz sind auch die Frau und die drei Männer, die nun zum rund 140-köpfigen Gästebegleiter-Team der TTM gehören. Zum einen, weil sie die von Claudia Kuhnen und Christoph Herrig geleitete anspruchsvolle Ausbildung gemeistert haben. Aber natürlich auch, weil sie nun für in Sachen "Trier-Erlebnis" bislang völlig zu kurz gekommene Menschen tätig sein können.

"Viele Gehörlose kommen nach Trier und wollen etwas über die älteste Stadt Deutschlands erfahren. Die ziehen dann mit einem der zahlreichen Broschüren oder Bücher los. Aber das ist nicht dasselbe wie bei einer fundierten Führung, bei der man auch Fragen stellen kann und noch die eine oder andere Anekdote zu hören bekommt."

Nordert Herres, seit vielen Jahren bundesweit aktiver Gehörlosen-Funktionär, kann nun auch ausländische Touristengruppen führen, denn er beherrscht internationale Gebärdensprachen. Da gibt es große Unterschiede. "Jede Sprache hat ihre eigenen Gebärden und sogar regionale Dialekte", weiß Klaus Pieck. Der 76-Jährige frühere Lehrer an der Trierer Wilhelm-Hubert-Cüppers-Schule (Landesschule für Gehörlose und Schwerhörige) hat bei der Ausbildung und Prüfung des Spezialisten-Quartetts als Dolmetscher fungiert.

Die frischgebackenen Gästeführer gehen mit hoher Motivation zu Werke. "Wir alle vier haben ein Herz für Trier", versichert Traudel Theisen. Gerd Dahm (61), der Behindertenbeauftragte der Stadt Trier und Vorsitzender des Beirats für Menschen mit Behinderung, lobt die Eigeninitiative der Gästeführer und der TTM in höchsten Tönen. Denn: "Es kommt ganz, ganz selten vor, dass ich nicht auf den Tisch hauen muss, damit etwas in Sachen Barrierefreiheit passiert. Hier haben wir es zudem mit einem wunderbaren Beitrag zu mehr Miteinander zu tun. Toll, dass das in diesem Fall völlig ohne Zutun des Behindertenbeauftragten ging."

Norbert Käthler kündigt an, die TTM wolle den Weg zu mehr Barrierefreiheit konsequent weitergehen. "Wir wollen unsere Internetseite inklusiv gestalten und haben weitere Ideen für Spezial-Führungen."Extra: MIT 140 GÄSTEFÜHRERN IN 20 SPRACHEN DURCH TRIER


Rund 140 qualifizierte Gästebegleiter führen in fast 20 Sprachen durch Deutschlands älteste Stadt. Neu hinzugekommen ist die deutsche Gebärdensprache; bei Bedarf können auch ausländische Touristengruppen bedient werden. Inhaltlich entspricht die Gebärdenführung (für bis zu 15 Teilnehmer) dem Standardprogramm.

Sie führt von der Porta Nigra bis ans entgegengesetzte Ende der Altstadt an die Kaiserthermen und dauert zwei Stunden. Informationen zu allen Führungsangeboten bei der Trier Tourismus und Marketing GmbH (TTM) unter www.trier-info.de

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