Integration in Trier: Sozialdezernentin zieht positive Zwischenbilanz - Zuzug anerkannter Flüchtlinge

Trier · Seit Januar werden der Stadt keine neuen Flüchtlinge mehr zugewiesen. Dafür ziehen nun immer mehr Menschen mit Bleiberecht in das Oberzentrum. Die Integration bleibt ein Dauerthema mit neuen Aspekten.

17 Asylbewerber sind im Januar der Stadt Trier vom Land zugewiesen worden. Es waren bis gestern die letzten neuen Flüchtlinge mit laufenden Asylverfahren, für die Unterkünfte bereitgestellt werden mussten. "Wir haben unsere Quote erfüllt", erklärte Sozialdezernentin Angelika Birk bei der Pressekonferenz des Stadtvorstandes das plötzliche Ende dieses ungewöhnlichen Phänomens des Bevölkerungswachstums.

Unterkünfte:
Ähnlich wie in vielen Kommunen des Kreises Trier-Saarburg können deshalb auch in Trier einige der im Vorjahr eilig eingerichteten Übergangsunterkünfte aufgegeben werden. Zwar sollen ein Gebäude der Jägerkaserne in Trier-West und Wohnungen in der Burgunderstraße (Neu-Kürenz) als Sammelunterkünfte beibehalten werden. "Viele Standorte können wir aber kündigen."

So werde das zweite renovierte Gebäude in der Jägerkaserne nun zum Ersatzquartier für den Caritaskindergarten im Gneisenaubering, der neu gebaut wird. Auch Wohnungen für Menschen mit Behinderungen sollen dort geschaffen werden. In der ehemaligen Geschwister-Scholl-Schule finden Deutschkurse statt. Und auch in der ehemaligen Schule Unter Gerst in Ehrang sollen demnächst Kindergartengruppen unterkommen. "Wir haben keine Fehlinvestitionen", betont die Sozialdezernentin und verweist auf Einsparungen im laufenden Doppelhaushalt der Stadt von etwa 625?000 Euro. Bislang sind dort sechs Millionen Euro für die Unterbringung und Versorgung von Flüchtlingen vorgesehen.

Zuzüge: Die aktuellen Zahlen (siehe Info) belegen allerdings auch, dass trotz ausbleibender Zuweisungen die Bevölkerungszahl von Trier wächst. Verantwortlich dafür sind nun die anerkannten Flüchtlinge, die zunehmend aus der Region ins Oberzentrum ziehen, und die Familiennachzüge. Oberbürgermeister Wolfram Leibe sprach am Montag von einem "Stadt-Land-Gefälle", das für Trier neue, auch finanzielle Herausforderungen bedeute. Denn besonders bei der Finanzierung von Zuschüssen zu Mietkosten ist die Stadt beteiligt. "Von allen geflüchteten Menschen, die das Jobcenter betreut, entfallen bereits 40 Prozent auf Zuzüge." Pro Woche verzeichnet das Jobcenter derzeit 25 neue Anträge für soziale Leistungen nach SGB II, Tendenz steigend.

Integration: Der Integration widmet die Stadtverwaltung auch deshalb große Anstrengung. Sozialdezernentin Birk richtete den Blick auf das wichtige Thema Sozialarbeit, das zum Beispiel an der Berufsschule und in Kindergärten verstetigt werden könne.

Die Voraussetzung für die Integration in Gesellschaft und Arbeitsmarkt sieht auch Oberbürgermeister Wolfram Leibe in der Vermittlung von Sprache: "Die Investition in die Sprache ist essenziell."

So verfügen nur etwa 40 Prozent der als erwerbsfähig eingestuften Migranten über die dafür notwendigen Deutschkenntnisse. Vor allem die differenzierten Angebote der Volkshochschule gelten bei der Vermittlung als Maßstab. Hinzu kommen die Universität und zahlreiche Hilfsorganisationen und Welcome-Cafés, die Sprachkurse ohne Zugangsbeschränkung anbieten.

Trotz aller Herausforderungen zieht Sozialdezernentin Angelika Birk eine positive Zwischenbilanz. "Wir haben den Auftrag bekommen, eine Willkommenskultur zu gestalten. Das haben wir gut geschafft."
Fakten zum Thema Integration in Trier

Flüchtlinge in Erstaufnahmeeinrichtungen: 850 (Stand 10. Mai).

Flüchtlinge im Asylverfahren (der Stadt zugewiesen): 366 (Stand 17. Mai).

Flüchtlinge mit Bleiberecht: 1388 (Stand 22. Mai); 730 Männer, 247 Frauen, 311 Kinder.

Zahl der Erwerbsfähigen: 1025 Personen.

Zuzüge aus der Region: ca. 550 Personen (von 1388).

Seit 2016 in sozialversicherungspflichtige Beschäftigung vermittelt: 131 Personen.

In Sprach- und Integrationskursen des Jobcenters: 491 Menschen.

Kommentar:Das Oberzentrum in der Zwickmühle


Von Rainer Neubert

Zwar hat sich seit dem Schließen der Balkanroute auch in Trier die Situation beruhigt. Ob und wie lange die Zahl der neuen Flüchtlinge so gering bleibt wie seit Januar, ist allerdings nicht mit Sicherheit zu sagen. Deshalb steckt die Stadtverwaltung ebenso in der Zwickmühle wie das Land: Alle Kapazitäten für die Unterbringung abzubauen, verbietet sich angesichts der Erfahrungen von 2015.

Trier muss als Oberzentrum einer großen und in weiten Teilen ländlichen Region zusätzliche Herausforderungen meistern: Migranten, also ehemalige Asylbewerber, deren Verfahren positiv entschieden wurde, ziehen in der Hoffnung auf Arbeit und wegen der guten Infrastruktur in die Stadt. Schon jetzt ist sozial geförderter Wohnraum knapp. Entspannung ist hier nicht in Sicht.

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