Schonfrist für die Trierer Zebrastreifen

Trier · Nach dem Protest gegen den Wegfall der meisten Fußgängerüberwege in der Stadt beschließt der Stadtrat eine genauere Prüfung jedes einzelnen Falls. Zwingen kann der Rat die Verwaltung dazu jedoch nicht.

 Das Thema Zebrastreifen (hier der an der Basilika) hat im Stadtrat eine intensive Diskussion ausgelöst. TV-Foto: Friedemann Vetter

Das Thema Zebrastreifen (hier der an der Basilika) hat im Stadtrat eine intensive Diskussion ausgelöst. TV-Foto: Friedemann Vetter

Foto: Friedemann Vetter (Ve._) ("TV-Upload Vetter"

Mit so viel Aufruhr hatte der Stadtvorstand beim Thema Fußgängerüberwege in Trier offenbar nicht gerechnet. "Andreas Ludwig muss für eine Stunde zu einem wichtigen Termin. Hätten wir geahnt, wie lange über dieses Thema diskutiert wird, hätten wir es vorgezogen", entschuldigte Bürgermeisterin Angelika Birk den Baudezernenten, der so einen Teil der Redebeiträge zu diesem Thema im Stadtrat verpasste.

Dabei kamen Länge und Intensität der rund einstündigen Diskussion keinesfalls überraschend. "Das Thema wird zur Zeit sehr emotional geführt", bemerkte denn auch Rainer Lehnart (SPD), "weil es um Sicherheit geht, vor allem um die von Kindern, älteren Menschen und Behinderten." Was der Verwaltung immer wieder vorgeworfen wurde: mangelnde Transparenz. Vor allem kritisieren das die Stadträte, die gleichzeitig Ortsvorsteher sind - und so die Sorgen der Menschen um ihre Sicherheit als Fußgänger im jeweiligen Stadtteil unmittelbar mitbekommen.

Lehnart (Ortsvorsteher Trier-Feyen/Weismark): "Ich hätte gerne gewusst, warum dieser oder jener Zebrastreifen wegfällt. Ob es Alternativen wie Ampeln oder eine Querung gibt, und wenn ja, welche." Hans-Alwin Schmitz (UBT, Ortsvorsteher Trier-Euren) und Dominik Heinrich (Grüne, Ortsvorsteher Trier-Mitte/Gartenfeld) sprachen unisono von einem "Hauruck-Verfahren", weil seitens der Verwaltung in der Vergangenheit geschlafen worden sei.

Nun muss die Stadt Trier die Richtlinie umsetzen - ob sie will oder nicht. Und weil das Geld fehlt, alle einst 257 existierenden Zebrastreifen normgerecht mit entsprechender Beleuchtung umzubauen, soll ein Großteil der Überwege entfallen. Einen plakativen Vergleich stellte Thomas Albrecht (CDU) an: "Stellen wir uns vor, Sie sind knapp bei Kasse, haben aber ein Eigenheim. Nicht alle Räume sind mit Rauchmeldern versehen. Was schließen Sie daraus? Sie reißen das Haus ab, da der Standard nicht erfüllt ist." Er richtete zudem einen Appell an "die, die solche Erlasse in die Welt setzen" - in diesem Fall also der Bund: "Dann sorgen Sie auch für die Finanzierung!"

Proteste gegen den flächendeckenden Wegfall der Zebrastreifen gibt es von seh- und gehbehinderten Menschen (der TV berichtete) , aber auch von Schulen. So schreibt Armin Huber, Schulleiter des Max-Planck-Gymnasiums Trier (MPG) dem TV: "Die Gesamtkonferenz des MPG beantragt, dass die Zebrastreifen im Bereich der Schule erhalten bleiben und eine Beleuchtung erhalten. Die Zebrastreifen sind unverzichtbar, weil Schülerinnen und Schüler des MPG und AVG sie benutzen, um die Straßen in Richtung Innenstadt und Bahnhof sicher und gesehen zu überqueren."

Christiane Probst (UBT) wollte von der Verwaltung wissen, was passiere, wenn die Richtlinie einfach nicht umgesetzt werde und man die Zebrastreifen in ihrem jetzigen Zustand belasse. "Ein solcher Beschluss wäre rechtswidrig", betonte Oberbürgermeister Wolfram Leibe. Auf die Forderung von CDU und Grünen, dass nach einer Verkehrsschau über die problematischen Zebrastreifen und mögliche Lösungen noch einmal diskutiert wird, antwortete Ordnungsdezernent Thomas Schmitt unter zustimmendem Kopfnicken von Wolfgang van Bellen, Leiter des Tiefbauamts: "Natürlich hat die Stadtverwaltung auch die Sicherheit der Bürger im Auge. Und es ist auch noch nichts entschieden, natürlich warten wir noch die laufende Verkehrsschau ab." Dass bislang noch keine Fakten geschaffen worden sind, stimmt allerdings nicht: So sind laut einer Liste, die dem TV vorliegt, obwohl die Stadtverwaltung sie nicht herausgeben wollte, bisher bereits 17 Zebrastreifen entfallen.

Weil die Umsetzung der Richtlinie unter Auftragsverwaltung und nicht unter die kommunale Selbstverwaltung falle (siehe Info), werde man die Sache sehr gerne in den Ausschüssen diskutieren, "aber abschließend entscheiden, wie es der Antrag von CDU und Grünen fordert, kann der Dezernatsausschuss IV nicht", betonte Schmitt. Die Grünen schlugen daraufhin vor, im Antrag statt "abschließend entscheiden" "abschließend beraten" zu formulieren. Mit 45 Ja-Stimmen und zwei Nein-Stimmen (FDP) nahm der Rat den Antrag von CDU und Grünen mit großer Mehrheit an. Gemäß dem Antrag sollen die Ortsbeiräte wie auch der Beirat der Menschen mit Behinderungen, das Kinderbüro Triki, das Jugendparlament und das Schulamt einbezogen werden. Zudem sollen Finanzierungsmöglichkeiten für einen Umbau ausgelotet werden. Und - schlussendlich: So viele Zebrastreifen wie möglich sollen mit einer Beleuchtung ausgestattet, so wenige wie möglich abgebaut werden.Extra: AUFTRAGSVERWALTUNG - WAS IST DAS?


Manchmal kommt es auf ein einzelnes Wort an - in diesem Fall "Beratung" statt "Entscheidung". Denn der Stadtrat kann die Verwaltung nur bitten, möglichst viele Zebrastreifen zu erhalten. Dies hat mit der Auftragsverwaltung zu tun, bei der die Kommune Aufträge ausführen muss, die sie von übergeordneten Instanzen (in diesem Fall Bund und Landesbetrieb Mobilität) erhält. Anders sieht das bei der kommunalen Selbstverwaltung aus: In diesem Fall hätte der Rat der Verwaltung einen bindenden Auftrag erteilen können.

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