Studie: 1,5 Millionen Menschen von Einschlaf- oder Durchschlafproblemen betroffen

Trier · 1,5 Millionen Menschen im Land finden keine Nachtruhe. Und es werden noch mehr, wie eine Krankenkassen-Studie belegt. Dabei können schon kleine Verhaltensänderungen helfen.

Fast 20 Jahre lang war fast jede Nacht für Ralf Schulze eine Qual. "Wenn nachts um zwei das Denken beginnt, ist es mit dem Schlafen vorbei", berichtet der Unternehmer aus der Eifel.

Erfahrungen wie er machen drei Viertel der arbeitenden Bevölkerung in Rheinland-Pfalz. Schlafstörungen sind eine Volkskrankheit. Das belegt eine neue Studie der Krankenkasse DAK, bei der bundesweit 5000 Erwerbstätige im Alter von 18 bis 65 Jahren befragt wurden. Demnach sind 1,5 Millionen Menschen im Land von Einschlaf- oder Durchschlafproblemen betroffen. Fast jeder zehnte Beschäftigte leidet an einer besonders schweren Schlafstörung, der Insomnie. Schlechte Schlafqualität, Müdigkeit am Tag und Erschöpfung addieren sich bei diesen 186.000 Männern und Frauen zu einem Krankheitsbild, das behandelt werden muss.

"Schlafstörungen sind kein Nischenproblem mehr", sagt DAK-Landeschef Horst Braner und verweist auf eine ähnliche Studie aus dem Jahr 2010. "Seitdem hat sich die Zahl der Betroffenen verdoppelt." Nach wie vor gehe aber kaum jemand wegen Schlafproblemen zum Arzt. Dabei steige bei Schlechtschläfern auf lange Sicht das Risiko für eine Reihe von Erkrankungen, etwa Stoffwechselstörungen und Bluthochdruck oder Herzschäden, Angststörungen und Depressionen,

Als Ursache für die zunehmende Schlaflosigkeit machen die Verfasser der Studie die sich wandelnde Arbeitswelt, zunehmende psychische Belastungen und zu viel Fernseher-, Smartphone- und Computernutzung am Abend verantwortlich. Der Schlafmediziner Dr. Joachim Vogt, Chefarzt am Brüderkrankenhaus in Trier, bestätigt diese These: "Schlaf ist ein menschliches Bedürfnis wie Essen oder Trinken, das wie alle Körperfunktionen einer Taktung unterliegt. In einer 24-Stunden-Non-Stop-Gesellschaft wird dieser feste Rhythmus zerstört. So wie die meisten Menschen heute leben und arbeiten, schaden sie sich."

Die Angst davor, nicht mehr schlafen zu können, nennt auch Dr. Jobst Scherler als den Zeitpunkt, ab dem Betroffene Hilfe suchen sollten. Der psychologische Psychotherapeut zeigt in seiner Schlafschule in Trier seit zehn Jahren Menschen mit massiven Schlafstörungen, wie sie innerhalb von einigen Wochen durch bewusste Verhaltensänderungen wieder erholsame Nächte genießen können. "Das Hauptproblem ist tatsächlich das lange Wachliegen in der Nacht, wenn das Nachdenken beginnt und der Körper nicht zur Ruhe kommt. Das Wachen in Kombination mit dem Liegen im Bett automatisiert sich sehr schnell. Wer dann versucht, den schlechten Schlaf durch mehr Liegezeit zu kompensieren, bringt seine innere Uhr komplett durcheinander. Medikamente verschlimmern das zusätzlich."

So lernen Patienten wie der Eifeler Unternehmer Ralf Schulze, dass nicht die Dauer des Schlafes für die körperliche und geistige Erholung entscheidend ist, sondern die Qualität. Mit Hilfe unter anderem eines Schlaftagebuchs, von Entspannungsmethoden, der Verbannung von Licht- und anderen Störquellen aus dem Schlafzimmer und einer individuell festgelegten Taktung der Zeit im Bett hat er gelernt, wieder sechs Stunden erholsamen Schlaf zu finden.
Schlafstörungen in Zahlen

Betroffene in Rheinland-Pfalz: 1,5 Millionen Menschen. Besonders schwere Schlafstörungen (Insomnie): 186.000 Menschen.Krankmeldungen: Fünf je 100 Versicherte. Mehr zum Thema

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