Wirbel um den Wind

Mainz · Die rheinland-pfälzische Umweltministerin Ulrike Höfken setzt sich für mehr Windkraftanlagen ein. Die CDU wirft den Grünen Lobbyismus vor.

 Einen weiteren Ausbau der Windkraftanlagen in Rheinland-Pfalz hat Umweltministerin Ulrike Höfken im Landtag gefordert. Foto: dpa

Einen weiteren Ausbau der Windkraftanlagen in Rheinland-Pfalz hat Umweltministerin Ulrike Höfken im Landtag gefordert. Foto: dpa

Foto: Martin Schutt (dpa-Zentralbild)

Mainz "Ich rede. Huhu?" Ulrike Höfken guckt ratlos durch den Mainzer Landtag, während die Abgeordneten sich fetzen und die Umweltministerin sichtlich ignorieren. Es geht um die Windpolitik in Rheinland-Pfalz, ein umstrittenes Feld und eins, wo Politiker gerne mal lauter werden, wie sich am Donnerstag zum wiederholten Male zeigt.
Die Grünen-Politikerin aus der Eifel hat Zahlen aus dem Bericht der Energieagentur mitgebracht, die sie von einem Windkraft-Boom sprechen lassen. Danach hat es Ende 2016 insgesamt 1612 Windanlagen in Rheinland-Pfalz gegeben, bei der Gesamtleistung lag das Land deutschlandweit auf dem sechsten Platz und schaffte es, sich bei der Stromerzeugung mit einem Anteil von 47 Prozent durch erneuerbare Energien wie Sonne, Wind, Wasser und Biomasse zu versorgen.
Höfken gefallen die Zahlen und versieht sie doch mit einem Aber. Wolle das Land die Klimaschutz politik fortsetzen, brauche es einen weiteren Ausbau, der den Kommunen Wertschöpfung bringe und Rheinland-Pfalz unabhängiger von Energie-Importen aus Russland oder Saudi-Arabien mache und so klimaschädliches Kohlenstoff dioxid einspare, fordert sie.
Das Ziel sieht die Ministerin nun bedroht. Vom Bund sei der Ausbau ins Stocken geraten, da dieser die Vergütung von Windrädern an Land senke. Höfken nennt das eine "fatale Entwicklung" und kritisiert auch die neue schwarz-gelbe Koalition in Nordrhein-Westfalen, die die Mindestabstände zu Wohngebieten auf 1500 Meter erweitert hat. "Die CDU hat sich komplett aus der Energiewende verabschiedet", sagt dazu Andreas Hartenfels aus der Grünen-Fraktion.
Michael Wäschenbach, Abgeordneter der CDU, lässt sich das nicht gefallen. Er lästert darüber, warum die Grünen überhaupt das ursprünglich vorgesehene Thema, die Asylpolitik von Integrationsministerin Anne Spiegel zu diskutieren, für die Energiewende abgesetzt haben. Wolle die Partei ablenken? Gibt es etwa Streit in der Koalition, fragt er süffisant und attackiert die Grünen in der Windenergie wiederum dafür, dass die Ex-Wirtschaftsministerin und jetzige Karlsruher Hochschulpräsidentin Eveline Lemke wenige Monate nach ihrem Rückzug aus dem Mainzer Landtag in den Aufsichtsrat des hessischen Windkraftunternehmens Abo Wind rückt, wo sie jährlich bis zu 10 000 Euro verdienen soll. Wäschenbach nennt das "Lobbyismus". Der Wechsel habe ein "Geschmäckle" zu einem Zeitpunkt, wo die Regierung ihren Landesentwicklungsplan noch nicht verabschiedet habe, der den Gemeinden härtere Regeln vorgibt, wie sie Windräder bauen dürfen. Der Abstand zu bewohnten Gebieten soll so von 800 auf 1000 Meter wachsen, Kernzonen von Naturparks sind tabu. Kommunen, die bereits nach den alten Bedingungen planten, werten das als Vertrauensbruch des Landes. Die Wind-Lobby droht mit einer Klagewelle.
Wäschenbach lobt hingegen die FDP dafür, die Energiewende in der Koalition mit SPD und Grünen auf "ein vernünftiges Maß" reduziert zu haben. Auch in Nordrhein-Westfalen richteten sich die neuen, noch schärferen Bedingungen "nach dem Wunsch der Menschen, die sich weniger Windräder vor ihrer Haustür wünschen", findet er. Der Vulkaneifeler FDP-Mann Marco Weber spricht davon, dass Rheinland-Pfalz keinen Rückschritt im Klimaschutz mache. Dass es in der Frage der strengeren Vorschriften aber durchaus knirscht zwischen Liberalen und Grünen, zeigt ein Twitter-Gefecht in der vergangenen Woche, nachdem der TV über das Beharren der Landesregierung auf den neuen Vorgaben berichtet hatte. Während der FDP-Landesvorsitzende Volker Wissing in dem sozialen Netzwerk mit Emojis wie einem Lachgesicht, Bizeps-Arm und Daumen hoch darauf verweist, die FDP setze ihr Wahlversprechen um und bringe Ordnung in die Energiewende, antwortete der Grünen-Fraktionsvorsitzende Bernhard Braun prompt, Ordnung in der Energiewende habe es auch vor der FDP gegeben. "Allerdings mehr Wertschöpfung im Land", legte er nach, was die CDU zum Konter veranlasste: "Da gibt's wohl einen Kurzschluss in der Ampel …"Extra: WAS SONST IM LANDTAG PASSIERTE


(dpa) In der letzten Sitzung des Mainzer Landtags ging es noch um weitere Themen. Pensionsfonds: Das nächste Gesetzvorhaben will Finanzministerin Doris Ahnen dem Kabinett am 4. Juli zuleiten - die Auflösung des Pensionsfonds, die Altersversorgung der Beamten, die künftig aus dem Landeshaushalt fließen soll. Dürre-Sorgen: Auf die Einbußen von Bauern wegen extremer Wettereinflüsse ging Landwirtschaftsminister Volker Wissing (FDP) ein. Nach den Frostschäden im April wachse nun die Sorge, dass der Regen ausbleibe. In Mittelgebirgslagen gebe es bereits erste Dürreschäden auf Grünland und im Getreideanbau. "Wir wollen der Landwirtschaft bei Dürreschäden zur Seite stehen und alle Möglichkeiten prüfen", sagte Wissing.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort