Sie zieht alle Register - Gerolsteiner Orgelbauerin ist Lehrling des Monats

Gerolstein/Oberbettingen · Eine Orgel zu bauen, ist schwer, findet Carina Kuhl aus dem Gerolsteiner Stadtteil Roth. Die 21 Jahre alte Auszubildende macht das aber so gut, dass die Handwerkskammer Trier sie zum Lehrling des Monats gekürt hat.

 Mag nicht nur klassischen, sondern auch modernen Sound: die angehende Orgelbauerin Carina Kuhl. Foto: Hwk

Mag nicht nur klassischen, sondern auch modernen Sound: die angehende Orgelbauerin Carina Kuhl. Foto: Hwk

Foto: (e_gero )

(sts/red) Anpacken hat Carina Kuhl schon von Kindesbeinen an gelernt, ist sie doch auf einem Bauernhof im Gerolsteiner Stadtteil Roth aufgewachsen. "Da gab's immer viel zu tun. Mein Bruder und ich haben unserem Vater gerne dabei geholfen, Maschinen und Zäune zu reparieren", sagt sie.

Reparieren gehört auch heute zum Repertoire der 21-Jährigen, auch bauen und restaurieren sind ihr vertraut. Und etwas, was besonders wichtig ist in ihrem Beruf: das Stimmen. Denn Carina Kuhl ist angehende Orgelbauerin - die einzige Auszubildende in diesem Handwerk in der Region Trier.
Die Handwerkskammer (Hwk) Trier hat Carina Kuhl nun zum "Lehrling des Monats" ausgezeichnet. Laut einer Pressemitteilung der Kammer hat Präsident Rudi Müller vor einigen Tagen die entsprechende Urkunde im Ausbildungsbetrieb Orgelbau Hubert Fasen in Oberbettingen übergeben.

Wie ist sie vom Bauernhof der Eltern zur angehenden Orgelbauerin gekommen? "Die Frau meines Chefs singt im Kirchenchor, den wiederum meine Mutter leitet". Über diese Verbindung habe sie damals in den Schulferien beim Orgelbaumeister einen Ferienjob bekommen. "Und weil ich Spaß an dieser Arbeit hatte, bin ich dort geblieben."
So wurde aus dem Job ein Praktikum und daraus eine Ausbildung. Dass sie Klavier und Trompete spielen kann, kam ihr dabei zugute. Orgelspiel war ihr schon als Kind vertraut - nicht zuletzt deshalb, weil auch ihre Mutter dieses Instrument spielt. Carina Kuhl absolviert hier eine weitere Ausbildung im Bereich Kirchenmusik und Chorleitung.

Am Orgelbau gefällt ihr, dass der Beruf vielseitig ist. Sie arbeitet mit verschiedenen Materialien, neben dem Hauptwerkstoff Holz insbesondere mit Metall, aber auch mit Kunststoff. Sämtliche Einzelteile wie Holzpfeifen, Register und Tasten werden von Hand angefertigt. Vor dem Zusammenbau überprüft sie mit einem Stimmgerät, ob die Pfeifen den richtigen Ton treffen.
Noch im Betrieb wird die Orgel so weit zusammengebaut, dass sie sich transportieren lässt. An seinem endgültigen Standort wird das Instrument noch einmal nachjustiert und dann fest aufgestellt. Am Ende muss es so gestimmt werden, dass der Klang zur Akustik der Umgebung passt.

"Das Intonieren und das Aufstellen gehören zu den spannendsten Augenblicken eines Orgelbauers", sagt die 21-Jährige und ergänzt: "Die Pfeifen müssen so gebaut sein, dass die Orgel frei sprechen kann." An vier Instrumenten hat die Auszubildende im dritten Lehrjahr in diesem Jahr schon mitgearbeitet. "Zwei davon hat die Kirche in Auftrag gegeben. Bei den beiden anderen handelt es sich um Hausorgeln", sagt sie. Orgelbauer müssen nicht nur musikalisch und feinmotorisch fit, sondern auch geduldig sein. "Das ist für die Arbeit notwendig." "Der Bau einer Orgel dauert etwa ein halbes bis ein ganzes Jahr, je nach Größe und Aufwand."
Die bisher größte Orgel, an der sie mitgearbeitet hat, ist mit 28 Registern ausgestattet. Das Instrument steht in einer Mainzer Kirche. "Die imposanteste Orgel, die ich bislang gesehen habe, gibt es in der Pariser Kirche Notre Dame. Die hat mehr als 100 Register."

Ist es schwer, eine Orgel zu bauen? "Eindeutig ja!", findet Carina Kuhl, die ihrer Schwester eine Orgelpfeife mit Schubfächern zur Schmuckaufbewahrung und zusammen mit ihrem Bruder ein Bett für die Eltern gebaut hat. Aber Herausforderungen schrecken die junge Frau nicht ab. Auch nicht die Tatsache, dass sie die einzige weibliche Auszubildende in ihrer Berufsschulklasse ist. Vorerst möchte sie im Betrieb von Hubert Fasen bleiben und dort Berufserfahrung sammeln.

Privat steht sie nicht nur auf Klassik. "Ich mag auch gern modernen Jazz auf der Orgel." Sie hört aber auch ganz andere Musik: Beim Wiederkehr des Festivals "Rock am Ring" an den Nürburgring war sie eine von vielen Tausenden Zuschauern.

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