Türkei: Jetzt wird mit harten Bandagen gekämpft - Außenminister Gabriel mahnt zur Vorsicht

Berlin/Trier · Außenminister Gabriel macht deutlich, dass die Zeit der Zurückhaltung vorbei ist – und mahnt Urlauber und Unternehmer zur Vorsicht.

Das ohnehin angespannte Verhältnis zwischen Deutschland und der Türkei verschlechtert sich weiter. Angesichts der immer bedrohlicheren Menschenrechtslage kündigte Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) eine Neuausrichtung der Türkei-Politik an - mit Folgen für Wirtschaft und Tourismus. Das Außenamt rät Türkei-Reisenden nun zu "erhöhter Vorsicht".

Außerdem stellt Deutschland die staatliche Absicherung von Türkei-Geschäften der deutschen Wirtschaft durch sogenannte Hermes-Bürgschaften auf den Prüfstand. Zudem müssten Investitionskredite und Wirtschaftshilfen ebenso wie die sogenannten EU-Vorbeitrittshilfen überdacht werden, fügte der Außenminister hinzu.
"Man kann niemandem zu Investitionen in ein Land raten, wenn es dort keine Rechtssicherheit mehr gibt und sogar Unternehmen, völlig unbescholtene Unternehmen, in die Nähe von Terroristen gerückt werden", sagte Gabriel. Es habe bereits Beispiele von Enteignungen gegeben.

Deutschland ist einer der wichtigsten Abnehmer türkischer Produkte und nach China zweitgrößter Lieferant der Türkei. Die Warenausfuhr rheinland-pfälzischer Unternehmen in die Türkei ist zuletzt von knapp einer Milliarde Euro im Jahr 2014 auf 917 Millionen Euro im vergangenen Jahr zurückgegangen. Die Importe aus der Türkei stiegen dagegen im gleichen Zeitraum von 379 auf 516 Millionen Euro. Dieser Trend setzt sich nach Informationen unserer Zeitung auch in den ersten Monaten dieses Jahres fort.

Nach Angaben einer Sprecherin des Mainzer Wirtschaftsministeriums liegt die Türkei in der Rangliste der wichtigsten Handelspartner rheinland-pfälzischer Unternehmen bei der Ausfuhr auf Platz 15 und bei den Importen auf Platz 19. Die wichtigsten Exportgüter sind chemische Erzeugnisse, Maschinen und Autos, die wichtigsten Einfuhrgüter sind KFZ-Teile, Gummi- und Kunststoffwaren. Auch aus der Region Trier haben etliche Firmen Geschäftsbeziehungen in die Türkei. Öffentlich äußern wollte sich aber am Donnerstag keines der befragten Unternehmen.

Die Folgen der wachsenden Spannungen mit der Türkei für das Urlaubsgeschäft sind nach Einschätzung der Reisebranche noch nicht abzusehen. "Das werden die Buchungen in den nächsten Tagen und Wochen zeigen", sagte eine Verbandssprecherin. Seit den Anschlägen und dem gescheiterten Militärputsch im vergangenen Jahr schwächelt das Geschäft mit Türkei-Reisen. Bis Ende Juni büßten Umsätze bei Türkei-Urlauben den Angaben zufolge im Vergleich zur guten Sommersaison 2015 zwei Drittel ein.

Der Sprecher von Präsident Recep Tayyip Erdogan kritisierte die Reisehinweise, mit denen Deutschen zu erhöhter Vorsicht geraten wird. Von einer Gefährdung von Deutschen in der Türkei könne "gar keine Rede sein", sagte Ibrahim Kalin. Mit rechtskonformen Deutschen "haben wir überhaupt keine Probleme. Sie sind hier unsere Gäste, und wir wollen hier noch mehr deutsche Touristen sehen."

Außenminister Gabriel dementierte ein angebliches Angebot Erdogans, den deutsch-türkischen Journalisten Deniz Yücel gegen zwei türkische Ex-Generäle auszutauschen. ""Ich kenne kein offizielles Tauschangebot", kommentierte der Minister anderslautende Meldungen.

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