Trierer Baudezernent positioniert sich gegen die Blaue Lagune

Trier · Andreas Ludwig rät dem Stadtrat, den Vertrag mit der Tankstelle Ostallee aufzulösen. Die Trierer könnten anders abstimmen. Der Termin für den Bürgerentscheid zeichnet sich ab.

Baudezernent Andreas Ludwig und die Tankstelle in der Ostallee haben eine gemeinsame Geschichte: "Schon bei einem lange zurückliegenden Besuch in Trier, als ich noch längst kein Dezernent hier war, habe ich bei mir gedacht: Was hat denn eine Tankstelle in dem Grünstreifen da zu suchen?", berichtet Ludwig. Wann das genau gewesen ist, daran kann er sich zwar nicht mehr erinnern. "Aber die Tankstelle wurde ja schon 1958 gebaut", sagt der 1961 geborene mit einem kleinen Augenzwinkern.

Als der gebürtige Idar-Obersteiner 2015 als Baudezernent zurück nach Trier kommt, ist die sogenannte Blaue Lagune eins seiner ersten Themen. "An diese Stelle gehört keine Tankstelle", betont er im Antrittsinterview mit dem TV. Der Stadtrat war zuvor auf Druck von Tausenden Trierern, die auf der Internet-Plattform Facebook den Erhalt der Tanke gefordert hatten, umgefallen und hatte den Pachtvertrag verlängert.

"Wenn man von einer langfristigen Strategie überzeugt ist, dann muss man zu dieser auch stehen - auch, wenn sich Tausende plötzlich dagegenstellen", kritisierte Ludwig schon 2015. "Aus Angst vor der Öffentlichkeit darf man sich nicht aus dem Stand heraus umstimmen lassen - sonst enden alle Entscheidungen irgendwann in der Beliebigkeit."

Im zurückliegenden Frühjahr starteten Trierer Bürger erneut eine Unterschriftenaktion. Sie sammelten so viele Signaturen, dass die Hürde für ein Bürgerbegehren genommen wurde. Der Stadtrat muss sich nun erneut mit dem Pachtvertrag beschäftigen. Stellt er sich gegen das Begehren, die Tankstelle zu erhalten, kommt es zum Bürgerentscheid, bei dem alle Trierer über das Thema abstimmen können (der TV berichtete mehrfach).

Ludwig bleibt bei seiner Position: "Mir als Fachpolitiker - zuständig für Stadtentwicklung, Bauen, Denkmalpflege und Umwelt - ist absolut klar, dass der Pachtvertrag nicht noch mal verlängert werden sollte." Für die Stadtratssitzung am Donnerstag, 28. September, werde er eine entsprechende Beschlussvorlage vorbereiten. "Ich bin fest entschlossen, dem Rat vorzuschlagen, das Bürgerbegehren abzulehnen."

Viele Gründe aus unterschiedlichen Bereichen sprächen gegen die Tankstelle. Die Liste seiner Argumente will Ludwig zurzeit allerdings noch nicht ins Feld führen. "Ich befürchte, dass die Sache zerredet wird, wenn die Argumente vor der Stadtratssitzung einen Monat lang öffentlich diskutiert werden." Tatsächlich hatten sich die Stadtratsfraktionen schon vor Beginn der heißen Phase des Bundestagswahlkampfs zum Teil deutlich positioniert (siehe Info). Ludwig will erst kurz vor der Ratssitzung seine Argumente öffentlich machen. "Als Grundlage für eine sachliche Diskussion", sagt er.

Sollte sich der Stadtrat trotzdem für den Erhalt der Tankstelle aussprechen, werde er diesen Auftrag natürlich umsetzen. Die genauen Bedingungen für eine Verlängerung des Vertrags müssten dann mit dem Betreiber der Tankstelle besprochen werden. "Wir stehen in Kontakt, ein Gesprächstermin ist avisiert", sagt Ludwig dazu.
Bleibt der Stadtrat bei seinem bisherigen Beschluss, den Pachtvertrag zum Ende des Jahres auslaufen zu lassen, kommt es zum Bürgerentscheid. "Dieser muss gut vorbereitet sein und gleichzeitig möglichst schnell stattfinden - schließlich muss gegebenenfalls vor Ende des Jahres der Pachtvertrag neu geregelt werden", sagt Ludwig. Die Abstimmung muss laut Gemeindeordnung an einem Sonntag stattfinden. Ins Auge gefasst sind der 26. November, 3. Dezember, 10. Dezember oder 17. Dezember.

In der Stadtverwaltung habe sich der 10. Dezember als bester möglicher Termin herauskristallisiert. "Aber auch das werden wir selbstverständlich noch mit dem Stadtrat abstimmen", sagt Ludwig.

Mit seinem entschlossenen Nein positioniert sich Ludwig gegen mehr als 4000 Trierer, die für den Tankstellenerhalt unterschrieben haben. Selbstverständlich respektiere und akzeptiere er Bürgerbegehren als demokratische Mittel, betont der Baudezernent. "Aber dass die Hürden für ein solches Begehren mittlerweile eher niedrig sind hinsichtlich des Prozentsatzes der Bürger, die ein solches durchsetzen können, halte ich für schwierig. Denn häufig ist nicht die populäre Lösung eines Problems auch die langfristig beste. Wenn dann noch eine entsprechende Stimmung herrscht, ist es schwierig, sich mit einer qualifizierten Meinung durchzusetzen", sagt Ludwig. "Der Brexit lässt grüßen!"

Meinung: Zerreißprobe im Stadtrat
Baudezernent Ludwig zeigt klare Kante. Der CDU-Baudezernent lässt keinen Zweifel daran, was er von denen hält, die sich für die "populäre Lösung" - den Erhalt der Tanke - einsetzen. Dabei finden sich die Befürworter auch in der eigenen Partei: Vize-Fraktionschef Thomas Albrecht gibt sich auf Facebook als flammender Befürworter der Tankstelle. Und der Initiator des Bürgerbegehrens, Markus Römer, ist Vorsitzender der CDU in Trier-Mitte/Gartenfeld. Angesichts dieses Spannungsfelds versucht sich Partei- und Fraktionschef Udo Köhler mit vagen Aussagen über die Sommerpause zu hangeln. Die Abstimmung im Stadtrat dürfte damit zur Zerreißprobe werden - nicht nur für die Christdemokraten, sondern auch für deren Bündnis mit den Grünen im Rat. Denn zumindest diesmal ist es wohl ausgeschlossen, dass sich die Öko-Partei in letzter Minute auf die Seite ihres Koalitionspartners schlägt. Aber für Überraschungen war das Bündnis bislang ja immer mal gut … c.wolff@volksfreund.deExtra: SO WOLLEN DIE FRAKTIONEN ABSTIMMEN

Trierer Baudezernent positioniert sich gegen die Blaue Lagune
Foto: Friedemann Vetter (ClickMe)


Die kleinen Fraktionen des Trierer Stadtrats haben eindeutig erklärt, in der nächsten Ratssitzung für den Erhalt der Tankstelle zu stimmen. UBT, AFD, FDP und Linke haben gemeinsam allerdings nur 16 Stimmen im 56-köpfigen Stadtrat. Die Grünen (9 Stimmen) wollen gegen die Tankstelle stimmen, die SPD (15 Stimmen) hat das ebenfalls angekündigt. Die Tankstellengegner haben damit 24 Stimmen - und ebenfalls keine Mehrheit. Einzelratsmitglied Daria Henseler (Piraten) hat sich bislang noch nicht positioniert. Entscheidend wird sein, wie die CDU - mit 20 Sitzen größte Ratsfraktion - abstimmt. Und die hat laut Fraktionschef Udo Köhler das Thema noch nicht abschließend diskutiert (der TV berichtete).

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