Hütchenspielen war gestern

Trier · Gladiators-Neuzugang Stefan Ilzhöfer im TV-Porträt: Von einem Wutanfall, fehlendem Killerinstinkt und einem Freund aus Schwaben.

Hütchenspielen war gestern
Foto: Nicolas Armer (g_sport

Trier Gut, der Typ war ziemlich frech. Das stimmt schon. Geht echt gar nicht sowas. Muss man sich mal vorstellen. Da rennt der Kollege einfach aufs Feld, schnappt sich dieses Hütchen und läuft davon. Einfach so. Aus Spaß. Heute kann Stefan Ilzhöfer darüber herzlich lachen. Aber damals? Nein, nein, damals war schnell Schluss mit lustig - für ihn und erst recht für den Hansel mit dem Hütchen. Fünf oder sechs Jahre ist Ilzhöfer damals alt. Er hat Lust auf Fußball, schaut mal beim Bambini-Training im Fußballclub daheim in Kirchheim vorbei. Ehe er sich versieht, stellt ihn der Trainer ins Tor - ein Tor aus orangenen Verkehrshütchen.
Neu in der Stadt Die Gladiators-Neuzugänge Teil I: Stefan Ilzhöfer


Links ein Hütchen, rechts ein Hütchen. Das muss reichen. Genau dazwischen steht Ilzhöfer. Er versucht, sein Bestes zu geben. Nur wohl fühlt er sich nicht. Und dann taucht da plötzlich auch noch dieser Typ auf und krallt sich ein Hütchen. Ilzhöfer steht plötzlich ohne Pfosten da. "Ich konnte das nicht auf mir sitzen lassen", erinnert er sich. Im nächsten Augenblick donnert er dem Typen hinterher. "Ich war stinksauer." Doch damit ist er nicht allein. Auch sein Trainer ist auf der Palme. Er schnappt sich Ilzhöfer und den Hütchen-Hansel und verpasst beiden einen ordentlichen Einlauf. Gut für die Römerstrom Gladiators Trier - denn ohne diesen Zwischenfall beim Bambini-Fußball hätte Stefan Ilzhöfer seine Liebe zum Basketball womöglich niemals entdeckt, wäre niemals in Trier gelandet. Nachdem sein Fußballtrainer ihm damals die Leviten gelesen hat, reicht's Ilzhöfer, er geht nie wieder zum Fußball. "Das war mein erstes und letztes Training, kurz darauf habe ich mit Basketball angefangen", erinnert sich der 22-Jährige und fängt herzlich an zu lachen.
Stefan Ilzhöfer nimmt einen Schluck Kaffee aus der Tasse vor ihm auf dem Tisch. Er sitzt auf der Terrasse eines Cafés in der Trierer Innenstadt. "Hier", sagt der gebürtige Kirchheimer und schaut sich um, "hier in dieser Ecke der Stadt war ich noch nie, es ist alles ziemlich neu für mich".
Ilzhöfer ist einer von fünf Neuzugängen bei den Römerstrom Gladiators Trier. Im Juni verkündete der Club die Verpflichtung des Flügelspielers von Bundesligist Frankfurt Skyliners. Nach einem ersten Kurz-Aufenthalt an der Mosel Anfang August ist Ilzhöfer seit wenigen Tagen endgültig in Trier angekommen. Dazwischen ging's für den Schwaben noch für gut zwei Wochen nach Taipeh. Dort in China hat er mit der A2-Nationalmannschaft an der Universiade teilgenommen, landete mit Deutschland auf einem guten fünften Platz. Das allerdings, so betont er, ist nun Geschichte. "Ab jetzt zählt für mich nur Trier."
Seit der Saison 2013/14 war Ilzhöfer für Frankfurt aktiv. Neben Einsätzen für die zweite Mannschaft in der dritten Liga absolvierte er auch mehr als 50 Spiele in der Bundesliga. In der vergangenen Saison honorierte Coach Klaus Perwas Ilzhöfers Entwicklung gar mit dessen Beförderung in die BBL-Anfangsformation der Hessen. Viel Verantwortung, viel Druck für den jungen Mann - vielleicht zu viel. Ilzhöfer startete nicht gut in die Spielzeit, traf falsche Entscheidungen auf dem Feld, fand seinen Wurf nicht. Erst als ihn Trainer Gordon Herbert - er war zwischenzeitlich zurückgekehrt und hatte Perwas abgelöst - in der zweiten Saisonhälfte von der Bank brachte, lief es besser für Ilzhöfer. "Es war nicht einfach, als ich plötzlich in der Starting-Five stand", erinnert sich der neue Gladiator. "Vielleicht war ich gerade in der Offense oft zu lieb, der Killerinstinkt hat mir gefehlt - den will ich mir nun unter Marco van den Berg aneignen."
Ohnehin habe der Trierer Coach großen Anteil daran, dass er sich zum Schritt aus der 1. Bundesliga hinab in die ProA entschlossen habe: "Wir haben lange miteinander telefoniert, und Marco hat mir erklärt, was er mit dem Team vorhat", erzählt der Schwabe. "Es gefällt mir, dass er soviel Wert auf die Defense legt, den Gegner permanent unter Druck setzen will und deutschen Spielern eine Chance gibt - das hat mich überzeugt." Generell habe er das Gefühl, dass deutschen Spielern in der BBL zu wenig Vertrauen in der Offensive entgegengebracht werde. "Man setzt vor allen Dingen in der Defense auf sie, aber offensiv sollen die Amerikaner die Spiele entscheiden." Das, so findet der 22-Jährige, sehe man nun auch bei der Basketball-EM. "Außer Dennis Schröder und vielleicht Maodo Lo gibt es wenige Spieler, die in der Offense Verantwortung übernehmen können." Das sei ein Problem des deutschen Basketballs. "Wir brauchen mehr Vertrauen in deutsche Nachwuchsspieler", fordert Ilzhöfer.
Er selbst hat das Basketball-Internat von Bundesligist Ludwigsburg durchlaufen, dort mit seinem Trie rer Teamkollegen Johannes Joos in einem Team gespielt. "Wir beide sind jetzt in Trier die Schwaben-Connection, werden uns mit dem Dialekt aber zurückhalten", verspricht der Flügelspieler.
Nur am zweiten Spieltag, da werden Joos und Ilzhöfer mit Sicherheit munter drauf los schwäbeln. Dann reisen die Gladiatoren zum Auswärtsspiel nach Kirchheim, dem Heimatclub der beiden. "Meine Eltern sind bei jedem Heimspiel der Kirchheim Knights, helfen dort auch beim Aufbau in der Halle", erzählt Ilzhöfer. "Sie haben mir aber schon versprochen, dass sie am zweiten Spieltag auch für Trier klatschen werden."
Was Stefan Ilzhöfer in seiner neuen Wahlheimat zunächst überrascht hat, verrät er im Video unter <%LINK auto="true" href="http://www.volksfreund.de/videos" text="www.volksfreund.de/videos" class="more"%>

Extra: SAISONERÖFFNUNG AM SAMSTAG


(mfr) Am Wochenende stehen gleich zwei Testspiele für die Römerstrom Gladiators Trier an: Das erste am Samstag (19 Uhr) in der Arena Trier. Im Rahmen der Saisoneröffnung ist der niederländische Erstligist Den Bosch zu Gast. "Das ist ein Top-Team, die wollen Meister werden, haben vor kurzem auch Aalst geschlagen", berichtet Triers Trainer Marco van den Berg. Der Eintritt zum Spiel ist frei, dafür freut sich der Club auf Spenden für sein JBBL-Team. Testspiel Nummer zwei steht am Sonntag an. Dann geht's um 18 Uhr gegen den Luxemburger Erstligaclub Amicale Steinsel (Steinsel, Hall OmniSportif).

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