"Als Beamter war ich wohl nicht zu gebrauchen": Hermann Lewen hört als Intendant des Mosel Musikfestivals auf

Trier · Er gehört zu den erfolgreichsten Kulturmanagern der Republik. Als Intendant des Mosel Musikfestivals hat er die große Kultur an die Mosel gebracht. Und mit ihr einer Region, die geprägt war von Landwirtschaft und Weinbau, ein neues Gesicht gegeben. Am Samstag, 11. November, verabschiedet sich Lewen von Politikern und Presse, von Künstlern und vom Festival-Publikum. Der TV hat Lewen gebeten, eine Reihe von Halbsätzen zu ergänzen.

"Als Beamter war ich wohl nicht zu gebrauchen": Hermann Lewen hört als Intendant des Mosel Musikfestivals auf
Foto: (g_kultur

Als ich Kind war, bedeutete die Musik für mich ...
das Aussteigen in eine andere Welt, weg von Schule, Stall und der Feldarbeit eines Bauernjungen.

Mein Lieblingsstück war damals ...
das "Laudate Dominum" von Mozart.

Als Jugendlicher wollte ich ...
ausnahmsweise nicht Lokführer werden (obwohl mein Opa Matthias "Eisenbahner" war). Ich wollte aber auch nicht den heimischen Kartoffeln-Bauernhof übernehmen - unter allen Umständen nicht!

Klassische Musik liebe ich, weil ...
ich schon als Kind mit dieser Musik in meinem Elternhaus aufgewachsen bin.

Rockmusik kann ich nicht ausstehen, weil ...
das würde ich so gar nicht sagen. Auch ich liebe die echte Rockmusik der Rolling Stones, eines Jimi Hendrix, von Deep Purple, Uriah Heep und natürlich der Beatles.

Kulturveranstalter bin ich geworden, weil ...
ich als ausgebildeter Beamter wohl nicht zu gebrauchen war.

Als ich 1983 von Wittlich in die Verbandsgemeinde Bernkastel wechselte, stieß ich auf ...
eine neue "Stadthalle", die diesen Namen nicht verdient hatte weil sie viel zu klein und verbaut war und auf Kommunalpolitiker, die nicht wussten, was sie sich mit mir ans Bein gebunden hatten.

Die Auseinandersetzungen zwischen den Gemeinden Wittlich und Bernkastel um meine Person haben mich ...
extrem motiviert, an der Mosel zu bleiben.

Mein größter Erfolg als Intendant war ...
sicherlich das Kinder- und Familienfestival "Tage voller Glücksminuten" 1998 in Bernkastel-Kues mit Rolf Zuckowski. Mehr als 1000 Kinder wirkten mit, mehr als 20 000 Besucher in einer Woche in einem großen "Zirkus-Konzert-Zelt" waren begeistert und keiner meiner tollen Mitarbeiter hat anschließend gekündigt.

Mein schönstes Erlebnis war ...
oh je, was war das wohl bei mehr als 1600 Festival-Konzerten? Zumindest in diesem, meinem letzten Festival-Sommer, waren es die zwei Stunden, in denen ich in meinem "Zuhause", dem Barocksaal von Kloster Machern, mutterseelenalleine dem Pianisten-Weltstar Grigory Sokolov bei seinem Einspielen zum exklusiven Konzert für nur 250 Besucher zuhören konnte.

Der größte Reinfall in meiner Intendantenzeit war ...
das "Konzert" eines englischen Jugendsinfonieorchesters im Rahmen der Open-Air-Konzerte "Zauber einer Sommernacht" auf der schwimmenden Mosel-Bühne in Kröv. Sie versuchten sich vor mehr als 1000 Besuchern an einer Schostakowitsch-Sinfonie. Ich war kurz davor, die Leinen der schwimmenden Bühne zu kappen ...

Die Arbeit mit anderen Veranstaltern war immer ...
spannend, teils beeindruckend was in der Region "geht", teils nervig, aber für die Verwurzelung und Akzeptanz des Mosel Musikfestivals unabdingbar richtig und wichtig. Ohne sie wären uns die Türen zu manchen Domen und Basiliken verschlossen geblieben.

Die aktuelle Entwicklung im Musikleben verfolge ich mit Sorge, weil ...
große Teile unserer Gesellschaft, auch der verantwortlichen Politiker, den immateriellen Nutzen, aber auch die materielle Wertschöpfung der Musik, ja, der Kulturangebote überhaupt, immer wieder in Frage stellen. Sie verstehen vielfach nicht, dass in einer so materialistischen und schnelllebigen Zeit die "Nahrung für die Seele", das Innehalten und Genießen von Musik, für uns alle ein Stück großer Lebensqualität darstellt!

Wenn ich noch einmal geboren würde, dann würde ich ...
hoffentlich mit einem echten Talent auf die Welt kommen, um als weltweit gefeierter Interpret (am liebsten als Organist) mit der Musik von Bach meinen Lew(b)ensunterhalt zu verdienen.

Beim Festakt zu meinem Abschied werde ich ...
hoffentlich viele Freunde treffen und mit ihnen und einem guten Moselwein auf die vergangenen Jahrzehnte anstoßen. Ohne diese Freunde und Kollegen wären meine/unsere Erfolge nicht möglich gewesen!

Und danach will ich erst einmal ...
lernen, MIR (!) Zeit zu gönnen, vielleicht meine Erlebnisse aus 45 Veranstalterjahren zu Papier zu bringen, möglichst viele gute Konzerte in den schönsten Konzertsälen und Festivals der Welt erleben, auch endlich einmal Zeit haben für Privates und um vielleicht doch wieder Neues für das so wunderbare Moseltal auf den Weg zu bringen.

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