Arten auf der Abschussliste

Trier · Die Länder legen derzeit fest, was sie gegen eingewanderte Tiere und Pflanzen unternehmen wollen, die die heimische Natur bedrohen. Ein Blick auf die Pläne zeigt: Das wird extrem aufwendig und teuer. Und für Tausende Tiere könnte es tödlich enden.

 Die EU hat eine Liste mit 49 Tier- und Pflanzenarten erstellt, die bekämpft werden sollen. Dazu zählen der Riesen-Bärenklau und der Waschbär ebenso wie:

Die EU hat eine Liste mit 49 Tier- und Pflanzenarten erstellt, die bekämpft werden sollen. Dazu zählen der Riesen-Bärenklau und der Waschbär ebenso wie:

Foto: ARRAY(0x8de5930)

Trier Sie pieksen, reizen, fressen Vögel, töten Buchsbäume, übertragen gefährliche Krankheiten und lösen schlimme Allergien aus. Sie rauben anderen den Raum und das Licht, das diese zum Leben brauchen. Sie gefährden die heimische Natur. Fast kein Jahr vergeht ohne Schlagzeilen über neue Tier- oder Pflanzenarten, die unerwünscht ins Land gekommen sind, die für Probleme sorgen und die sich hier unerwünscht breit machen. Als "invasiv" bezeichnet man solche Arten. Nur ein paar Beispiele: Die aus Nordamerika stammende Beifußambrosie verursacht schweren Heuschnupfen und Asthma, die Kirschessigfliege macht Rotweintrauben ungenießbar, der Buchsbaumzünsler frisst die Büsche kahl und das für Kühe ungenießbare Zackenschötchen erobert Wiesen und Weiden. 12 000 solche gebietsfremde Insekten, Tiere und Pflanzen gibt es inzwischen in Europa. Etwa 1800 von ihnen werden laut Naturschutzbund Nabu negative Auswirkungen zugeschrieben. Nur ein winziger Teil - nämlich 49 Arten(siehe Info) - taucht auf einer 2017 verabschiedeten EU-Liste auf. Diese 49 sollen bekämpft oder zumindest so im Zaum gehalten werden, dass sie sich nicht weiter ausbreiten. 32 davon kommen in Deutschland schon wild lebend vor. Es ist nun verboten, die gelisteten Tiere und Pflanzen zu halten, zu züchten, zu transportieren oder mit ihnen zu handeln. Das stellt Zoos vor Probleme und dürfte so manch kleinem Tierparkbesucher die Tränen in die Augen treiben. Müssen die Tiergärten sich doch wohl von ihren Nasenbären, Waschbären, Heiligen Ibissen oder den niedlichen chinesischen Kleinhirschen (Muntjaks) trennen. Das bedeutet: Entweder sie töten die Tiere. Oder sie geben sie binnen zwei Jahren an Forschungseinrichtungen ab - zum Beispiel für medizinische Versuche. Das geht laut EU-Verordnung natürlich nur, wenn beim Transport sichergestellt ist, dass die Passagiere nicht ausbüxen können. Zoos kämpfen nun für eine Sondergenehmigung. Auch das rheinland-pfälzische Umweltministerium kritisiert, die EU-Verordnung enthalte unzumutbare Vorgaben für Tierparks. Privatleute, die Hörnchen, Mungos, Waschbären und Co. zu nichtkommerziellen Zwecken halten, können aufatmen. Sie dürfen ihre Schützlinge bis zu deren Lebensende behalten. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass diese sich weder vermehren noch in die Freiheit gelangen können. Schon bei der Tierhaltung gibt es reichlich Rechtsunsicherheit, weil weder der Umgang mit Tieren in Zoos noch in Wildtierauffangstationen eindeutig im Detail geregelt ist. Wie jedoch die Bekämpfung von frei lebenden Insekten, Vögeln, Fischen, Säugern und Pflanzen in der Praxis aussehen soll, ist noch ein Rätsel. "Keiner weiß so richtig, wie das funktioniert", sagt Sebastian Kolberg vom Nabu. Fest steht: Der EU-Wille stellt die Mitgliedsstaaten vor enorme Herausforderungen - finanzielle, personelle und organisatorische. Nachdem das neue Bundesnaturschutzgesetz nun seit September in Kraft ist, haben die Bundesländer in einer gemeinsamen Arbeitsgruppe für 13 der 49 gelisteten Arten Maßnahmenpläne erarbeitet. Die Öffentlichkeit hat auf der Internetseite <%LINK auto="true" href="http://www.anhoerungsportal.de/" text="www.anhoerungsportal.de/" class="more"%> noch bis zum 20. November die Möglichkeit, Stellungnahmen abzugeben. Wie schwierig und teuer es werden könnte, den EU-Vorschriften Folge zu leisten, zeigt eindrücklich das Maßnahmenblatt für den Waschbären. Dieser ist in gesamt Deutschland etabliert und vermehrt sich schnell. Schlecht ist das, weil die vom Aussterben bedrohte Europäische Sumpfschildkröte auf dem Speiseplan des Waschbären steht. Ebenso wie die seltene Gelbbauchunke oder Fledermäuse. Auch über die Eier von Greifvögeln und Graureihern machen sich die putzigen Räuber her. Die länderübergreifende Arbeitsgruppe hat sich folgende Ziele gesteckt: Sie will verhindern, dass der Waschbär sich auch noch auf Nord- und Ostseeinseln ansiedelt. Das scheint relativ einfach: Die Haltung ist schließlich verboten. Und falls doch ein Waschbär auftaucht, soll dieser umgehend "beseitigt" werden. Zudem sollen seine Populationen dort kontrolliert werden, wo die bedrohten Schildkröten, Unken und Vögel leben. Und da wird es schon schwieriger. Und teuer. Bäume mit Vogelhorsten sollen mit einem Überkletterungsschutz ausgestattet werden (etwa 30 Euro Materialkosten pro Baum). Man könnte Biotope aber auch komplett einzäunen, um Waschbären draußen zu halten (42 000 Euro pro Kilometer Zaun). Bei einem 30 Hektar großen Gebiet kommen schnell 100 000 Euro zusammen. Eine andere Maßnahme sieht vor, Waschbären da, wo bedrohte Arten leben, intensiv zu jagen. Auch das ist alles andere als billig, wie das Beispiel eines 3700 Hektar großen Feuchtgebiets, dem Fiener Bruch in Sachsen-Anhalt, zeigt. Die Anfangsinvestitionen für Fallen, Werkzeug und Geländewagen liegen bei 92 000 Euro. Hinzu kommen 35 000 Euro jährlich für einen Berufsjäger und laufende Ausgaben. Am günstigsten ist es da noch, Menschen darüber aufzuklären, warum sie Waschbären nicht füttern sollten.Ähnlich umfangreiche Maßnahmenblätter gibt es auch für andere Arten: Ochsenfrösche, Nutria und Wollhandkrabben sollen gefangen und getötet werden, schädliche Wasserpflanzen, die aus Aquarien und Teichen stammen, sind auszureißen, empfindliche Gebiete zu schützen. Es gibt viel zu tun. Die Frage, wer dafür verantwortlich ist, muss noch geklärt werden. Ebenso wie jene, wer all das bezahlen soll. KommentarMeinung

Sinnvoll, aber…Es ist sinnvoll, dass die EU regelt, wie mit invasiven Arten umzugehen ist. Denn diese sind oft nicht nur eine Bedrohung für die heimische Natur, sondern auch für die menschliche Gesundheit. Dass Brüssel dazu den Besitz oder den Verkauf gefährlicher Arten verbietet, ist nur logisch. Für Zoos sollte die EU aber Sonderregelungen schaffen. Die sind ja gerade dazu da, nicht-heimische Tiere zu zeigen. Ebenso logisch erscheint es, Arten in einer frühen Phase der Einwanderung intensiv zu bekämpfen. Bei einigen der gelisteten Tiere und Pflanzen ist es jedoch längst zu spät. Springkraut, Bärenklau oder Nilgans sind allgegenwärtig. Andere Arten hingegen, wie die gefährliche Ambrosia, fehlen auf der EU-Liste. Das wirkt alles noch nicht ausgereift. k.demos@volksfreund.deExtra: DIE NEUE UNIONSLISTE

Arten auf der Abschussliste
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 ...die Nilgans...,

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 ...der Amerikanische Ochsenfrosch,...

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 ...das Drüsige Springkraut,...

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Arten auf der Abschussliste
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Folgende Tier- und Pflanzenarten sollen EU-weit daran gehindert werden, sich weiter auszubreiten. Nicht alle von ihnen kommen in Deutschland vor. Die EU plant, die Liste kontinuierlich zu erweitern. Insekten: Asiatische Hornisse. Krebstiere: Chinesische Wollhandkrabbe, Kamberkrebs, Nördlicher Flusskrebs, Signalkrebs, Roter Amerikanischer Sumpfkrebs, Marmorkrebs. Fische: Amurgrundel, Blaubandbärbling. Lurche und Kriechtiere: Amerikanischer Ochsenfrosch, Gelbwangen-Schmuckschildkröte. Vögel: Nilgans, Glanzkrähe, Schwarzkopfruderente, Heiliger Ibis. Säugetiere: Pallashörnchen, Kleiner Mungo, Chinesischer Muntjak, Nutria, Südamerikanischer Nasenbär, Marderhund, Bisam, Waschbär, Grauhörnchen, Fuchshörnchen, Gestreiftes Backenhörnchen. Pflanzen: Alligatorkraut, Gewöhnliche Seidenpflanze, Kreuzstrauch, Karolina-Haarnixe, Dickstielige Wasserhyazinthe, Schmalblättrige Wasserpest, Mammutblatt, Riesenbärenklau, Persischer Bärenklau, Sosnowsky-Bärenklau, Großer Wassernabel, Drüsiges Springkraut, Wechselblatt-Wasserpest, Großblütiges Heusenkraut, Flutendes Heusenkraut, Gelbe Scheinkalla, Japanese Stiltgrass (kein dt. Name), Brasilianisches Tausendblatt, Verschiedenblättriges Tausendblatt, Santa-Maria-Prärieampfer, Afrikanisches Lampenputzergras, Durchwachsener Knöterich, Kudzu.

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