"Wir werden hier nicht weggehen"

SCHÖNECKEN. Ärztemangel auf dem Land: Im Eifelort Schönecken (Kreis Bitburg-Prüm) hängt der pensionierte Allgemein-Mediziner Erdal Dogan noch ein paar Jahre dran – bis irgendwann ein Nachfolger gefunden ist.

Schönecken, Prüm, Wallersheim, Fleringen, Rommersheim und viele weitere Eifeldörfer: Für die Patienten aus diesen Orten ist Erdal Dogan die erste Adresse, wenn sie ein Wehwehchen zwickt. Aber ihr Doktor ist bereits 64 Jahre alt. "Ich wollte eigentlich letztes Jahr aufhören, weil ich schon Rentner bin", sagt Erdal Dogan. Kampf gegen Windmühlen

Nach 30 Jahren Praxis in der Eifel hat sich der in Zypern geborene Arzt den Ruhestand verdient. Aber er macht weiter - so lange es noch geht. Denn Dogan findet keinen Nachfolger, ebenso wenig wie sein Kollege Ivo Kubes, der demnächst aus Schönecken fortziehen wolle. "Die Situation wurde daher richtig dramatisch", berichtet Dogan. Also blieb er im Dienst: "Ich ziehe die Karre erst einmal weiter", sagt er. Seit gut einem Jahr schaltet er Anzeigen im Ärzteblatt, um für seine Praxis einen Nachfolger aufzutreiben. "Das kostet jeden Monat einen Haufen Geld." Resultat: Fehlanzeige. Wenn die wenigen Interessenten ("Wie viele Privatpatienten haben Sie?") hören, wo die Praxis liegt, "dann lassen sie es gleich fallen". Und das, obwohl die Kollegen selten über einen so großen Patientenstamm verfügen wie der Landarzt: "Die vegetieren mit 300 Scheinen in Mannheim herum, aber sie gehen nicht in die Eifel." Und das schmerzt den "überzeugten Eifeler", wie er selbst sagt, ganz besonders: "Das Land wird vernachlässigt. Ein klassisches Beispiel ist ja auch der Osten. Und die Eifel hat immer noch einen schlechten Ruf als Sibirien Deutschlands." Der gebürtige Südländer hat indessen ein ganz anderes Bild von seiner Wahlheimat: "Für mich ist unsere Ecke hier die Toskana der Eifel. Aber eine schöne Gegend, das Geld, das Ansehen als Landarzt, das zählt heute alles nicht mehr." Kurz: "Der Ärztemangel wird immer dramatischer. Auch in Prüm weiß ich von zwei Kollegen, die aufhören wollen." Bei der Kassenärztlichen Vereinigung habe er bereits Alarm geschlagen. Sein Wunsch: Die Zulassung für Praxen in der Stadt so lange zu bremsen, bis sich die Lage auf dem Land wieder gebessert hat. "Aber das ist natürlich ein Kampf gegen Windmühlen", sagt Dogan. "Und was sollen die auch machen - sie haben ja sogar Probleme, Leute nach Konz zu kriegen." Eine rationale Begründung für den Unwillen, aufs Land zu ziehen, hat Dogan nicht. Außer einer Vermutung: "Ein Landarzt hat nie Feierabend. Vielleicht kommt deshalb keiner." Allerdings sieht er eine Ursache für den Ärztemangel in der Vergangenheit: "Vor Jahren hatte man total falsche Vorstellungen über den Bedarf an Medizinern. Man hat den Numerus Clausus eingeführt, nur ,1 A'-Mädchen und -Jungen durften Medizin studieren. Und die sind alle in die Wirtschaft abgewandert." Erdal Dogan wandert nicht ab: "Ich bin Landarzt. Ich will, dass das Land gut versorgt bleibt. Und ich lasse diese Ecke nicht allein. Wir werden hier nicht weggehen, bis ein anderer kommt."

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