Wurde der Erste Weltkrieg bewusst angezettelt? Wolfram Wette spricht in der Synagoge

Wittlich · Aus welchen Gründen kam es zum Ersten Weltkrieg? Diese Frage versuchte der Historiker Wolfram Wette vor 70 Zuhörern in der Wittlicher Synagoge zu beantworten. Im Anschluss an den Vortrag kam es zu regen Diskussionen.

 Die These von Wolfram Wette: Eine Gruppe von Deutschen habe den Ersten Weltkrieg bewusst führen wollen.Foto: privat

Die These von Wolfram Wette: Eine Gruppe von Deutschen habe den Ersten Weltkrieg bewusst führen wollen.Foto: privat

Wittlich. Derzeit wird vermehrt über die Ursachen des Ersten Weltkrieges diskutiert. Das hängt nach Angaben des Kulturamtes Wittlich mit dem Erscheinen des Buches "Die Schlafwandler" des Australiers Christopher Clark 2013 zusammen, das alleine im deutschsprachigen Raum 300 000 Mal verkauft wurde, aber auch mit den Veranstaltungen zur 100. Wiederkehr des Kriegsbeginns.
Auf Einladung des Wittlicher Kulturamtes hielt Professor Dr. Wolfram Wette, deutscher Historiker und Friedensforscher, vor rund 70 Zuhörern in der Wittlicher Synagoge einen Vortrag mit dem Thema "Seit hundert Jahren umstritten: Die Frage der Schuld am Ersten Weltkrieg." Wette legte eine Kette von Beweisen vor, dass eine Gruppe von rund 500 Deutschen - Offiziere, Politiker, Industrielle - diesen Krieg bewusst führen wollte.
Zeitgenössische Fachleute hätten nach Angaben des Experten skizziert, dass ein Krieg zu Beginn des 20. Jahrhunderts völlig anders geführt werde als die vorherigen.
Durch die Einführung der Wehrpflicht in vielen europäischen Ländern haben, so Wette, große Mengen Soldaten zur Verfügung gestanden. Dank der Industrialisierung konnten qualitativ hochwertige Waffen in großen Mengen produziert werden. Aufgrund des Kolonialismus und ausgeprägter Bündnispolitik habe ein Weltkrieg nahegelegen. Diese Erkenntnisse seien ignoriert worden. Reichskanzler Theobald von Bethmann Hollweg habe im Reichstag bewusst die Gefahren für Deutschland verschleiert. Kriegsminister Erich von Falkenhayn sei der Auffassung gewesen, mit dem Schlieffenplan einen raschen Sieg erzielen zu können. Die deutschen Militärs haben die Möglichkeit gesehen, die imperialistischen Ambitionen von Kaiser Wilhelm II. und seiner Minister verwirklichen zu können. Alle Gelegenheiten seien verhindert worden, den Bündnispartner Österreich zu beeinflussen und den Frieden zu erhalten.
In den vorangegangenen Haager Friedenskonferenzen von 1899 und 1907 habe Deutschland die Einführung eines internationalen Schiedsgerichtshofes torpediert, der Angriffskriege richten sollte. Dass in Deutschland von einer kleinen, aber maßgeblichen Elite ein Eroberungskrieg geplant gewesen sei, habe jeder wissen können. Im Anschluss an den Vortrag wurde in der Synagoge lebhaft diskutiert. Mit diesem Vortrag beendete das Kulturamt seine Veranstaltungsreihe zum Gedenken an den Ausbruch des Ersten Weltkrieges im Jahr 1914. red

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