Exklusiv-Interview mit Dave Lombardo von Slayer

Mittwochabend, 19 Uhr, auf dem Parkplatz vor der Trierer Messeparkhalle. Slayer-Schlagzeuger Dave Lombardo bittet den TV-Reporter zum Interview in den Nightliner der Band – ein etwa zehn Meter langer schwarzer Bus mit österreichischem Kennzeichen. In den Sitzen vorne dösen Sänger Tom Araya und Gitarrist Jeff Hanneman. Lombardo (41) lädt in den hinteren Teil des Busses, das Wohnzimmer sozusagen: mit Sitzecke, Tisch, LCD-Fernseher und DVD-Player. Mit dabei ist auch der Trierer Schlagzeuger Stephan Zender, ein Freund von Lombardo.

Dave, ihr wart am Nachmittag zu Besuch auf der US-Air-Base in Spangdahlem. Wie war es da für euch?
Lombardo: Etwa 100 Leute waren da bei einer Autogrammstunde. Danach gingen wir zu einem Flugzeug-Hangar mit den Kampf-Jets und trafen ein paar Piloten - das war sehr eindrucksvoll. Aus amerikanischer Sicht ist ja so: Wir führen zwar Krieg im Irak, greifen auch an, wenn es sein muss. Wir Amerikaner halten uns aber nicht für aggressive Menschen. Das ist meine Ansicht. Aber vielleicht habe ich ja auch schon eine Gehirnwäsche hinter mir (lacht)

Wie lief die Tour bisher?
Lombardo: Super. Wirklich sehr, sehr gut. Es gibt Städte, in denen es besser ist, in anderen dann vielleicht ein bisschen ruhiger. Da kommt man an einem Tag nach Trier - nur als Beispiel - und denkt: "Wow, die Leute sind der Hammer" und spielt dann vielleicht am nächsten Tag in Berlin und die Zuschauer sind total lahm.

Wieviel bekommst du hinter dem Schlagzeug davon mit?
Lombardo: Du spürst, wie die Leute mitgehen. Wenn du alles aus dir rausholst, wirklich alles gibst und dann aufstehst und die Leute dann nur ganz träge "Hey" sagen oder ob sie wirklich mitgehen - das merkst du total.

Die Slayer-Texte und die Symbolik sind sehr düster - es geht um Krieg, um Satanismus, auch um Gewalt. Was hältst du von den Texten?
Lombardo: Die spielen für mich keine Rolle. Ich stimme nicht mit Kerrys Philosophie überein (Anm: Kerry King schreibt die meisten Texte). Aber es ist seine Sache. Wenn er über diese Themen schreiben will, soll er es machen. Meiner Meinung entspricht das nicht. Ich denke, dass Tom (Anm.: Araya, Sänger und Bassist) das ähnlich sieht wie ich. Entscheidend ist aber, dass wir bei der Musik einer Meinung sind - und das ist der Fall.

Kannst du dir vorstellen, dass junge Fans die Texte zu Ernst nehmen könnten?
Lombardo: Ehrlich gesagt, weiß ich es nicht. Ich denke, die meisten Fans sind clever genug. Aber es gibt immer auch ein paar dumme Fans. Wenn jemand denen sagt: Spring von dem Haus dort - dann machen sie es. Leute, die "Heil Satan" rufen, weil sie in einem Lied gehört haben. Denen kann ich nur sagen: Bildet euch eine eigene Meinung und folgt nicht einer Kunst. Kunst ist Unterhaltung. Nicht zum Nachmachen oder Übernehmen gedacht. Wenn Leute sich davon zu sehr beeinflussen lassen, liegt es nicht an der Musik, sondern daran, dass sie in keinem stabilen Umfeld aufgewachsen sind.

Wenn du Slayer in den Anfangstagen und jetzt vergleichst - wie hast du dich verändert und wie haben sich deine Bandkollegen verändert?
Lombardo: Wir haben viel erlebt, sind viel gereist, es ist vieles passiert. Wir sind einfacher weiser geworden. Wir respektieren uns gegenseitig, lachen viel zusammen und kommen jetzt bestens miteinander aus.

Magst du die Musik der Bands, die bei "Unholy Alliance" vor euch spielen?
Lombardo: Nein. Die sind irgendwie alle nicht nach meinem Geschmack.

Was unterscheidet Slayer von den anderen Bands, in denen du gespielt hast?
Lombardo: Slayer steht für das, womit ich erwachsen wurde. Ich war 16 oder 17 Jahre alt, als wir mit Slayer angefangen haben. Slayer ist eine Maschine. Es ist wie auf einer BMW-Teststrecke. Es ist keine Sonntagsspazierfahrt durch die Alpen, sondern es geht darum, alles aus dem Auto rauszuholen. Du fährst den Wagen - und behältst die Kontrolle. Slayer war immer sehr hart, sehr schnell, in vieler Hinsicht auch extrem.

Siehst du dich als extremen Menschen?
Lombardo: Ich werde älter und habe im Lauf der Jahre bemerkt: Ich bin extrem. Ich bin für jede Achterbahn zu haben oder für Bungee-Jumping - für alles in dieser Richtung. Das Adrenalin wird zur Normalität.

Du hast deine Freundin aus Schulzeiten geheiratet, Teresa. Als sie schwanger wurde, bist du bei Slayer ausgestiegen und erst Jahre später wieder zurückgekehrt. Das klingt alles sehr vernünftig, gar nicht Rock'n'Roll-Klischee.
Lombardo: Das stimmt schon. Sicher gibt es eine Menge Klischees. Aber wir sind keine Band, die groß über ihre Probleme oder über sehr private Dinge spricht.

Familie und Slayer - sind das zwei Welten für Dich?
Lombardo: Nein, es ist eine Welt. Teresa hat das alles miterlebt. Sie weiß immer, wo ich bin - auch wenn wir auf Tour sind. Wenn wir reden, merkt sie sofort, wie es mir geht.

Mit Slayer-Schlagzeuger Dave Lombardo sprach TV-Redakteur Andreas Feichtner

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