Porträt: "Ich wollte ein guter Bischof sein"

Der Trierer Alt-Bischof Hermann Josef Spital ist tot. Der 81-Jährige starb in einem Altersheim im nordrhein-westfälischen Münster. Ein Porträt.

Trauer unter den Katholiken im Bistum Trier: Nach längerer Krankheit ist Alt-Bischof Hermann Josef Spital gestorben. Die Menschen in der Region schätzten den hoch gewachsenen Westfalen als volksnahen und liberalen Geistlichen.

In den knapp 20 Jahren, die Spital an der Spitze des ältesten deutschen Bistums stand, hatte der einst nur schweren Herzens aus Münster weggegangene Kirchenmann die Region und ihre Menschen lieben gelernt ("Ich fühle mich als Trierer") - und die Menschen "ihren" Bischof.

Dass der 1925 geborene und gemeinsam mit sechs Geschwistern aufgewachsene Spital einmal Priester werden würde, war zunächst nicht abzusehen. Sein Berufswunsch nach dem Not-Abitur: Maschinenbau-Ingenieur. Statt Maschinenbau studierte Arzt-Sohn Spital aber zunächst eine Zeit lang Medizin, ehe er 1947 zur Theologie wechselte. Doch seine Leidenschaft für komplizierte Motoren und ausgefeilte Technik blieb.

Um Spitals Vorlieben für schnelle Autos rankte sich später zwischen Eifel, Mosel und Hunsrück so manches Gerücht. Mal wurde dem Bischof angeblich wegen Rasens der Führerschein abgenommen, mal gab's deshalb nur ein Knöllchen, mal hatte sich Hermann Josef Spital einen Ferrari geleistet. "Alles Kappes", lautete das stets gleiche Statement der bischöflichen Pressestelle. Doch allen Dementis zum Trotz überdauerten die Gerüchte sogar noch die Amtszeit des Alt-Bischofs.

Irdische Schwäche für Geschwindigkeit

Und: Nicht zuletzt Spitals irdische Schwäche für Geschwindigkeit machte den promovierten Kirchenmann beliebt. Bischof Spital ging auf die Menschen zu, scheute auch vor konfliktreichen Diskussionen nicht zurück. "Mir war es immer wichtig, mit den Leuten ins Gespräch zu kommen", sagte er kurz nach seiner Pensionierung in einem Interview mit unserer Zeitung. Und: "Seelsorge heißt nicht regieren, Seelsorge heißt Menschen begleiten."

Dabei hatte der gebürtige Westfale stets auch jene im Blick, die in einer materialistisch geprägten Gesellschaft leicht durch den Rost fallen. Die von Spital ins Leben gerufene "Aktion Arbeit" unterstützt und bezuschusst seit mittlerweile über 20 Jahren regionale Beschäftigungs- und Qualifizierungsprojekte für Arbeitslose. Der Leitsatz: "Besser Arbeit finanzieren als Arbeitslosigkeit!"
Wegen seiner Äußerungen etwa zur Rolle der Frau in der katholischen Kirche ("Die Frau wird auf eine Weise zurückgesetzt und an der Mitbestimmung an manchen Stellen gehindert, dass wir das überdenken müssen") oder zum Zölibat ("Es ist nicht gut, dass der Mensch allein ist") galt Spital stets als liberales Aushängeschild unter den überwiegend konservativen deutschen Bischöfen. Ein Etikett, das dem langjährigen Medienbischof und Präsidenten der katholischen Friedensbewegung Pax Christi nicht sonderlich behagte: "Ich wollte kein liberaler, sondern ein guter Bischof sein."

Spricht man mit gläubigen Katholiken, ist Spital dies auch gelungen. Selbst der in seine letzten Amtsjahre fallende Skandal um den ehemaligen Chef der Caritas Trägergesellschaft Trier (ctt), Hans-Joachim Doerfert, dem Spital blindlings vertraute, statt ihn zu kontrollieren, änderte daran nichts. Die Affäre Ende der 90er-Jahre blieb allerdings nicht ohne Auswirkungen auf Spitals Gesundheit: Zwei Mal innerhalb von zweieinhalb Jahren kam der Bischof mit einem Schwächeanfall ins Krankenhaus.

Nach seiner Emeritierung vor sechs Jahren lebte Spital zunächst noch zurückgezogen im Schatten des Doms - in einem Haus der Kurie. Später, schon von Krankheit gezeichnet, zog der Altbischof in ein Altersheim in seinen Geburtsort Münster, wo noch mehrere Verwandte von ihm leben.

Hermann Josef Spitals letzter großer Auftritt in Trier liegt ein gutes Jahr zurück. Anfang Januar 2006 ehrte ihn das Bistum mit einem anderthalbstündigen Pontifikalamt im Dom. An seine letzten Worte damals werden sich die Gläubigen in Deutschlands ältester Diözese noch gerne erinnern: "Einen Gruß an jeden einzelnen von Ihnen. Man kann nicht genug danken, wenn einem so vieles geschenkt worden ist."

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