Aufstehen ist Silber, schlafen ist Gold

6 Uhr. Der Wecker klingelt. Wem fällt es da leicht, aus den Federn zu kommen? Gerade im Winter. Alles kalt und dunkel. Ich benötige erstmal einen Tee zum Warmwerden. Wenn ich dann frierend an der Bushaltestelle stehe, motiviert das auch nicht besonders für die erste Stunde um fünf vor acht.

Da wäre ein späterer Schulbeginn, also um neun Uhr, schon verlockend. Ich könnte in Ruhe frühstücken, und es wäre auch schon etwas wärmer draußen. Ähnlich argumentiert Baden-Württembergs Ministerpräsident Günther Oettinger: Die Familie sollte mehr Zeit für ein gemeinsames Frühstück haben, und die Eltern sollten das Haus zusammen mit ihren Kindern verlassen können. Das stärke den familiären Zusammenhalt, sagt Oettinger. Nun stellen sich Mutter und Vater schon einige Fragen. Wer beginnt erst um neun Uhr mit der Arbeit? Selbst der Ministerpräsident muss sicherlich früher weg. Realität ist eher Schichtarbeit, die bekanntlich schon früher anfängt oder ein normaler Arbeitsbeginn um acht Uhr. Wer soll also vor allem kleine Kinder vor der Schule betreuen? Wie sollen sie sicher zur Schule kommen? Entsteht nicht noch mehr Stress durch die Änderung? Diese Fragen lassen sich nur schwer beantworten. Sehen wir das Ganze einmal von Schülerseite: Später Aufstehen hört sich zunächst sehr gut an. Als Erstes denkt ein jeder Schüler ans Ausschlafen. Er könnte Spielfilme im Fernsehen bis zum Ende anschauen und später ins Bett gehen. Schon beim weiteren Nachdenken wird ihm klar, dass auch Nachteile mit dem späteren Schulbeginn entstehen. Wenn er später zur Schule geht, muss er folglich auch länger dort bleiben. Das heißt zum Beispiel, dass Freibadbesuche im Sommer flachfallen, da es am späten Nachmittag schon vorbei ist mit dem schönen Wetter. Und allein die Vorstellung bis 18 Uhr im Gymnasium sitzen zu müssen, jagt ihm einen eiskalten Schauer über den Rücken. Auch das so oft genannte Argument des Ausschlafens wird schnell entkräftet, wenn wir etwas realistisch denken: Würden wir wirklich früh genug ins Bett gehen, damit die gewonnene Stunde auch wirklich Sinn macht? Mit Hausaufgaben und außerschulischen Aktivitäten, die bei einem längeren Schultag übrigens auch zu kurz kommen würden, könnte sich der Tag leicht bis in die Nacht verlängern. Wir wären sogar noch müder als gewöhnlich. Ärzte und Wissenschaftler hingegen argumentieren mit dem so genannten Biorhythmus. Demnach hat die innere Uhr des Menschen um sieben oder acht Uhr morgens noch lange nicht ausgeschlafen. Weder Schüler noch Arbeitnehmer seien früh morgens schon lern- oder arbeitsfähig. Erst gegen zehn Uhr sei das Gehirn aufnahmefähig, sagen die Wissenschaftler. Die Frage jedoch ist, kann man den Biorhythmus des Menschen so verallgemeinern? Gewöhnen wir uns nicht an das frühe Aufstehen? Es gibt schließlich beide Varianten von Menschen: Frühaufsteher und Morgenmuffel. Verschiebt der spätere Schulbeginn nicht einfach den gewohnten Tagesablauf nach hinten? Sollten wir uns nicht ein sinnvolleres Zeitmanagement aneignen? Außerdem bleiben die langen Fahrzeiten zu den Schulen. Wenn man im Schulort wohnt, ist acht Uhr eigentlich nicht so früh, wenn man bedenkt, dass Auswärtige schon um sechs Uhr oder früher aufstehen müssen, um den Bus erreichen zu können. 7 Uhr. Der Wecker rasselt trotzdem viel zu früh. Aus den Federn müssen alle raus - auch Minister Oettinger. Jasmin Wagner, Deutsch-LK, MSS 11, St.-Willibrord-Gymnasium Bitburg

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