Kultur, Begegnung und neue Freunde

TRIER/METZ. Sechs Tage lang erwiderten 24 Schülerinnen und Schüler des Trierer Auguste-Victoria-Gymnasiums den Besuch ihrer französischen Mitschüler vom März. Ein abwechslungsreiches Kultur- und Begegnungsprogramm erwartete sie.

Nach der Begrüßung mit deutschen Liedern und Gedichten ging es sofort los: "Scy-Chazell? Was sollen wir denn da?" Diese Frage stellten wir uns, als wir uns bei schwüler Hitze den Berg hoch quälten. "Das Haus Robert Schumans besichtigen" wussten unsere Korrespondenten auch keine Antwort. Im "Maison de Robert Schuman" informierte uns zunächst ein Dokumentarfilm über das Wirken Robert Schumans, einem der Väter Europas. Im Anschluss daran wurden wir durch das typisch lothringische Anwesen geführt, das Schuman bereits 1926 als Abgeordneter Thionvilles in der Nationalversammlung erworben hatte und in dem er gewohnt hat, wenn er in seiner lothringischen Heimat weilte. Trotz oder wegen seiner typisch deutsch-französischen Biographie entwickelte Robert Schuman die Idee eines gemeinsamen Europas, die er am 9.Mai 1957 proklamierte. Europaparlament und Bergwerke

Obwohl wir am ersten Tag doch sehr erschöpft waren, lohnte es sich Robert Schuman kennen zu lernen. Der zweiten Schülergruppe erging es auch nicht anders: Die Erklärungen im Solaranlagenbetrieb "Viessmann" waren zwar sehr interessant, aber auch etwas erschlagend, hatten sich unsere Ohren doch noch nicht aufs Französische umgestellt. War Energiegewinnung in Trier unser gemeinsames Thema gewesen, machten wir uns Dienstag nach Neufchef auf, wo wir das Erzminenmuseum besichtigten. Dorten wurden wir von ehemaligen Bergarbeitern mit Helmen ausgestattet und anschließend durch das im 19. Jahrhundert gegründete Eisenerzbergwerk geführt. Sehr beeindruckend fanden wir den frühen Berufseintritt mit zwölf Jahren. Bis zu 40 Kilo Erz wurden in den Anfangszeiten des Bergbaus in Körben aus den Stollen getragen. Der rasante technische Fortschritt in den Minen wurde anschaulich an Originalmaschinen dargestellt. Nach dem Mittagessen hatten wir Gelegenheit im Gespräch mit ehemaligen Bergarbeiten über die ökologischen und ökonomischen Folgen der Stilllegung der Erzminen im Osten Frankreichs zu diskutieren. Monsieur Gillet, ein ehemaliger Bergarbeiter, erzählte von der Blütezeit des Erzbergbaus, als die Tonne Erz fünf Euro wert war. Auch die Tatsache, dass viele Menschen, die in den von Stolleneinsturz gefährdeten Gebieten wohnen, enteignet, entschädigt und umgesiedelt werden beeindruckte uns sehr. Der Mittwoch gehörte der persönlichen Begegnung, denn der Nachmittag war schulfrei! In Frankreich eine echte Besonderheit, denn unserer Altersgenossen haben täglich bis 17 Uhr Unterricht plus Hausaufgaben, da hat man, wie wir schnell merkten, kaum Zeit für Freunde. Während unsere französischen Freunde also über ihrer Mathearbeit schwitzten, konnten wir "La cour d'or", das Museum für Stadtgeschichte, besuchen. Dort starrten uns in den dunkeln Sälen des Untergeschossen die Augen ausgestopfter Tiere entgegen. "Sind wir in eine Naturkundesammlung geraten? Ich dachte, das ist ein Museum!" Erst vor der Vitrine mit römischen Mosaikfunden fiel es uns wie Schuppen von den Augen: Die Tiere illustrieren die Darstellungen der heimischen Tierwelt auf den Mosaiken. Uns verwirrte der verwinkelte Aufbau der Ausstellung so, dass wir nicht wahrnahmen, dass die Ausstellungsstücke längst nicht mehr römisch waren. Nachdem wir den mittelalterlichen Kornspeicher mit den dort ausgestellten Skulpturen gesehen hatten, führte uns eine Treppe in die Gemäldeausstellung. Doch mittlerweile war es 11.30 Uhr und wir waren um 12 Uhr in der Schule mit "unseren" Franzosen verabredet: also nichts wie zurück zur Schule. Hatten wir den Austausch mit Robert Schuman begonnen, führte uns der Donnerstag in die Stadt des europäischen Parlaments, Straßburg. Statt zu Fuß bei strömendem Regen durch die Stadt zu gehen, hatten wir das glückliche Los gezogen, Straßburg in einem überdachten Ausflugsdampfer, ruhenden Fußes, entlang der Ill kennen zu lernen. Lustige Legenden

Die Informationen, die wir elektronisch per Kopfhörer erhielten, waren mit lustigen Legenden gepickt. Besonders die Erzählung über einen dicken Mönch, der durch sein Steckenbleiben in einem Fenster eines brennenden Hauses den Tod von 20 Menschen verursachte, erheiterte trotz Tragik uns alle sehr. Zu den beeindruckendsten Gebäuden gehörte das Europaparlament sowie der europäische Gerichtshof. Die Architektur der beiden Einrichtungen faszinierte durch ihr modernes Erscheinungsbild. Das Ende der Rundfahrt bescherte uns eine regenfreie Pause, in der wir Straßburg zu Fuß erkunden konnten, bevor wir zum Wissenschaftspark "Le vaisseau" aufbrachen, in dem wir uns zwei Stunden mit naturwissenschaftlichen und technischen Versuchen vergnügten. Der Freitag stand ganz im Zeichen der Stadt Metz: der stellvertretende Bürgermeister empfing uns im Rathaus und ermutigte uns, die deutsch-französische Freundschaft weiterzupflegen, was wir mit einem Grillfest am Abend auch in die Tat umgesetzt haben. Schade, dass die Zeit schon rum ist! Aber Metz und Trier sind ja nicht so weit entfernt, als dass man sich nicht besuchen könnte. "Merci beaucoup et au revoir les amis!" Olga Uchlin, Valentine Fiore, Anne Barbian, AVG Trier/Lycée Georges de la Tour

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