Schöner Garten oder gefährlicher Treffpunkt?

TRIER. Eine schöne Parkanlage, ein Drogenparadies, ein Schlägertreff für Jugendliche? Für was auch immer der Trierer Palastgarten gehalten wird, er sollte für jeden eine eigene Bedeutung haben.

Der Palastgarten gilt als die schönste Gartenanlage Triers. Im 16. Jahrhundert war er ein Garten im antiken griechisch-römischen Stil, verbunden mit einzigartiger italienischer Gartenkunst gezeichnet durch die strenge stilistische Entwicklung, was jedes individuelle Kunstwerk im Palastgarten zu einem künstlerischen Ganzen verschmelzen lässt, im 19. Jahrhundert war er ein Exerzierplatz, heute ist er Anziehungspunkt für Touristen und Jugendliche. Der Palastgarten besteht aus drei verschiedenen Teilgärten. Einmal einem geometrisch angelegten Lustgarten auf Basis griechisch-römischer Gartenkunst. Zum anderen gibt es einen Teil, der viel Raum und Platz für Kinder bietet - mit Bolzplätzen, Spielplätzen und gesonderten Mutter-Kind-Bereichen. Zum dritten existiert ein landschaftlich angelegter, zum geometrischen Park sehr gegensätzlicher Gartenteil, eine mit Bäumen begrenzte große Liegewiese, die beliebter Treffpunkt von Trierer Jugendlichen ist. Stifter des Palastgartens in seiner heutigen Form war der Trierer Franz Weißebach, dessen Gesicht uns aus einer Mauer im Palastgarten entgegenlacht. Weißebach, der auf Erwerb nicht angewiesen war, hatte der Stadt Trier rund 1000 Liter seines Weines "Kanzemer Berg" des Jahrhundert-Jahrgangs 1921, vermacht und bestimmt, das aus dem Verkauf eine Leichenverbrennungsanlage auf dem städtischen Friedhof anzulegen sei. Dies war im streng katholischen Trier jener Zeit völlig undenkbar. Die Vorgabe von Weißebach lautete nun, dass, wenn die Stadtverordnetenversammlung den Bau fünf Jahre lang ablehnen würde, das Geld für das Anlegen eines Volksgartens auf dem ehemaligen Exerzierplatz verwendet werden sollte. Weil der Stadtrat den Bau des Krematoriums erwartungsgemäß ablehnte, entstand so der Palastgarten, welcher damals noch bei Jedermann sehr beliebt war. Heute genießt der Palastgarten einen sehr zwiespältigen Ruf. Häufig findet er Aufmerksamkeit in Berichten der Trierer Polizei. Man liest von sexueller Belästigung und Vergewaltigung, von Raubüberfällen und Schlägereien. Auch ist der Palastgarten als Drogenparadies verschrien. Doch sieht man genauer hin, so liegt der Großteil dieser Vorfälle schon Jahre zurück. Nach Meinung von Jugendlichen und jungen Erwachsenen hat sich das "Problemzentrum" in den vergangenen Jahren sehr verschoben (zum Beispiel in Richtung Hauptbahnhof und Treviris-Passage). Dennoch ist es vielen Eltern suspekt, wenn sie wissen, dass ihre Kinder im Palastgarten sitzen. Auch Simone Schneider, Jugendbeauftragte des Polizeipräsidiums Trier, würde ihre Tochter nicht gerne im Palastgarten sehen. Viele Jugendliche aber teilen diese schlechte Meinung vom Palastgarten nicht. "Glatte Vorurteile!", sagen sie. Auch stört es die Jugendlichen, dass der Palastgarten oft mit Drogen in Verbindung gebracht wird. Alkohol, Zigaretten und andere Drogen sind im Palastgarten nicht präsenter als anderswo in Trier, wo Jugendliche sich treffen. Natürlich kommt es nach wie vor zu Prügeleien im Palastgarten, doch ist dies nur eine ganz normale Folge dessen, dass dieser Treffpunkt vieler Jugendlicher ist. Wo sich viele Leute auf einem Raum befinden, kommt es immer wieder zu Vorfällen, die sich aber meist als harmlose Kämpfchen einstufen lassen. Ähnliche Vorfälle gibt es auch an anderen zentralen Punkten in Trier, doch ins Zentrum der öffentlichen Aufmerksamkeit wird oft nur der Palastgarten gerückt. Vielleicht, weil es auf der Liegewiese im Palastgarten zum großen Teil Jugendliche der Punk- und Metalszene sind, die hier ihre Zusammenkunft haben. Durch ihre Kleidung und ihr provokantes Auftreten stoßen sie in der Bevölkerung auf Unverständnis und Ablehnung. Auch kommt es immer wieder zu Konflikten zwischen Punks und musikalisch anders orientierten Jugendlichen (meist Hip Hop). Diese werden des Öfteren im Palastgarten ausgetragen, wo die verschiedenen Gruppen oft direkt nebeneinander sitzen. Weg mit dem Müllhalden-Feeling

Die Meinungen bezogen auf die Situation im Palastgarten gehen stark auseinander. Eltern und Stadt sprechen von "unhaltbaren Zuständen", während die Jugendlichen die Bedenken der Erwachsenen oft gar nicht nachvollziehen können. Die Jugendlichen selber stört der schlechte Ruf des Palastgartens, sie gehen dort hin, um sich in schöner Umgebung mit Freunden zu treffen, und nicht um eine Laufbahn als Kleinkriminelle zu starten. Die zentrale Lage macht den Palastgarten für sie zum idealen Treffpunkt. Sowohl die Jugendlichen als auch die Erwachsenen würden es also begrüßen, wenn der Ruf des Palastgartens sich verbessern und genauso auch das Müllhalden-Feeling verschwinden würde und man den Park wieder als das sehen könnte, was er ist: ein idyllisches Paradies, für jeden! Sarah von Leoprechting, Auguste-Viktoria-Gymnasium, Klasse 9b

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