Wenn der schönste Tag im Leben vor Gericht endet

Berlin (dpa/tmn) · Ein Unfall auf dem Weg zur Trauung, ausgefallene Hochzeitsessen oder ein abhanden gekommener Kuchenteller - auch auf einer Hochzeit kann viel passieren. Nicht immer entscheiden die Gerichte zugunsten der frisch vermählten Eheleute.

Es dürfte der Alptraum aller Hochzeitspaare sein: Die lang geplante Hochzeitsfeier fällt wegen Doppelbelegung aus. Die Braut erleidet einen seelischen Schock und weint tagelang. Jetzt bleibt nur noch die Hoffnung auf Justitia. Doch schon wartet die nächste Enttäuschung. Denn nach Meinung des Saarländischen Oberlandesgerichts (OLG) muss der schlampige Gastwirt kein Schmerzensgeld zahlen (Aktenzeichen: 8 W 165/98-22).

Immer wieder beschäftigt der für viele Ehepaare als der „schönste Tag im Leben“ gedachte Hochzeitstag die Gerichte. Es sind zumeist die nicht absehbaren Nebenfolgen, die einem Brautpaar den Tag verderben können. Und Justitia steht nicht zwangsläufig auf der Seite der Liebenden.

So urteilte etwa das Landgericht Görlitz, dass Brautleute, die bei einem Verkehrsunfall auf der Fahrt zur Hochzeitsgesellschaft verletzt wurden, keinen Schadenersatz bekommen, weil sie an der Feier nicht mehr teilnehmen konnten (Aktenzeichen: 4 O 116/00). Ähnlich urteilte das OLG Brandenburg. Es verweigerte einem Brautpaar Schmerzensgeld, nachdem die Feier abgebrochen werden musste, weil bei einem Feuerwerk mehrere Raketen waagerecht in die Hochzeitsgesellschaft geflogen waren und mehrere Personen verletzt hatten (Aktenzeichen: 7 U 8/04).

Streitfragen werfen häufig auch sogenannte Heirats-Reisen auf. Hier bieten Reiseveranstalter die Eheschließung während der Reise an. Nach Meinung des Amtsgerichts Düsseldorf sind sie dabei verpflichtet, vor der Reise zu prüfen, ob alle für die Eheschließung erforderlichen Unterlagen vorliegen. Allerdings sind nach Meinung des Gerichts mögliche Schadenersatzansprüche um die Hälfte zu reduzieren, falls die Heirat an fehlenden Dokumenten scheitert. Die Eheleute trifft in jedem Fall ein Mitverschulden (Aktenzeichen: 37 C 11022/91). Dagegen muss nach Ansicht desselben Gerichts der Reiseveranstalter nicht darauf hinweisen, dass die Übersetzung ausländischer Heiratsurkunden in die deutsche Sprache zusätzliche Kosten verursacht (Aktenzeichen: 49 C 14748/91).

Hatte dagegen ein Brautpaar eine dreiwöchige Urlaubsreise mit einem sogenannten Hochzeitspaket gebucht, zu dem neben der Organisation der Trauung am Urlaubsort auch ein „Abenddinner“ gehört, darf das Paar den Reisepreis immerhin um 30 Prozent kürzen, wenn das Hochzeitsessen ausfällt, so das Landgericht Hamburg (Aktenzeichen: 317 S 184/96).

Zuweilen beschäftigen aber auch kuriose Hochzeitsabläufe die Gerichte. So entschied das Amtsgericht München, dass der Gerichtsvollzieher während der Hochzeitsfeier beim Bräutigam keine Pfändung vornehmen darf (Aktenzeichen: 33 M 3387/84). Das Kammergericht Berlin meinte, die akustische Überwachung einer Trauung im Gefängnis sei nicht zulässig. Eine Ausnahme gelte nur bei dem Verdacht, der Häftling könnte gemeinsam mit seiner Frau Fluchtpläne schmieden (Aktenzeichen: 4 Ws 32/98).

Wenig Einsehen hatte dagegen das Landessozialgericht Baden-Württemberg mit einem Chef, der bei der Fahrt zur Hochzeitsfeier eines Mitarbeiters verunglückte. Das Gericht befand, es handele sich um sein Privatvergnügen. Daher stehe er in einem solchen Fall nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung (Aktenzeichen: L 7 U 1175/90).

Ebenso wenig erkennt die Justiz, in diesem Fall der Bundesfinanzhof, die Kosten einer Hochzeitsfeier als „zwangsläufige Aufwendungen“ der Eltern an, die sie steuerlich absetzen könnten (Aktenzeichen: III R 242/83). Als unlauteren Wettbewerb wertete es der Bundesgerichtshof gar, dass ein Standesamt allen Heiratswilligen ein Kochbuch eines bestimmten Verlages als Geschenk übergab, entsprechende Bitten anderer Kochbuch-Verlage aber ablehnte (Aktenzeichen: I ZR 106/06).

Ferner beschäftigen Streitfragen im Zusammenhang mit Hochzeitsfotos die Gerichte. So verurteilten die Landgerichte Lübeck (Aktenzeichen: 15 S 198/86) und Hamburg (Aktenzeichen: 324 O 690/09) Fotografen zur Zahlung von Schmerzensgeld, weil sie ohne Einwilligung von Brautpaaren deren Hochzeitsfotos in einem Schaukasten sowie in einem Werbeblatt veröffentlicht hatten. Unabhängig davon waren allerdings das Amtsgericht Essen (Aktenzeichen: 12 C 562/88) und das Landgericht Wuppertal (Aktenzeichen: 8 S 116/88) übereinstimmend der Auffassung, dass ein Brautpaar gegen einen Fotografen keinen Anspruch auf Herausgabe der Negative ihrer Hochzeitsfotos hat.

Als lebensnah darf eine Entscheidung des Amtsgerichts Dortmund gelten: Das Gericht hielt es für nicht ungewöhnlich, dass in den organisatorischen Wirren einer Hochzeitsfeier auch schon einmal ein Kuchenteller verschwinden kann. Daher wies es die Schadenersatzklage eines Konditors ab, der den Hochzeitskuchen auf einem silbernen Tablett geliefert hatte, das nach der Feier aber nicht mehr auffindbar war (Aktenzeichen: 125 C 9500/92).

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