Ein Forscher mit Tiefgang: Historiker aus Thalfang erhält heute "German Jewish History Award"

Thalfang · Mit seinen Arbeiten über die jüdische Geschichte findet Elmar Ittenbach aus Thalfang viel Anerkennung in Historikerkreisen. Als Auszeichnung erhält er heute den "German Jewish History Award" im Abgeordnetenhaus in Berlin.

 Elmar Ittenbach freut sich über die Auszeichnung. TV-Foto: Hans-Peter Linz

Elmar Ittenbach freut sich über die Auszeichnung. TV-Foto: Hans-Peter Linz

Foto: (m_huns )

Thalfang. Die Wissenschaft lässt Elmar Ittenbach auch im Ruhestand nicht los. 2007 ging der ehemalige Geschichts- und Englischlehrer in Rente. Aber das Interesse an der Wissenschaft und besonders an der Historie hat er nie verloren. Und so führte ihn seine Passion hin zur jüdischen Geschichte. Das kommt nicht von ungefähr, denn sein Heimatort Thalfang hatte bis zur Zeit des Nationalsozialismus eine große jüdische Gemeinde. "Über 20 Prozent der Bevölkerung von Thalfang war im 19. Jahrhundert jüdisch", sagt Ittenbach.
Für seine Forschungsarbeit wird ihm heute, Montag, im Berliner Abgeordnetenhaus der "German-Jewish History Award" der Obermayer Stiftung (Boston) verliehen. Nachfahren des Thalfanger Rabbiners Samuel Hirsch, dessen Geschichte Ittenbach erforscht hat, haben sich in den USA dafür eingesetzt.
Für Ittenbach ist das eine Bestätigung seiner Arbeit. "Das freut mich sehr. Wenn ich mich mal für ein Thema interessiere, dann gehe ich gerne in die Tiefe", sagt er. Was dabei herauskam, ist das Buch "Jüdisches Leben in Thalfang", das auf 220 Seiten die Geschichte vieler jüdischer Familien in Thalfang erzählt und analysiert. Ittenbach: "Die Arbeit hat mir Spaß gemacht, auch weil ich dabei mit interessanten Leuten zusammenkommen kann. So habe ich eng mit dem Emil-Frank-Institut in Wittlich zusammengearbeitet." Dieses Institut erforscht ebenfalls die jüdische Geschichte in der Mosel-Region.
Warum haben damals so viele Juden in Thalfang gelebt? Das kann Ittenbach erklären: Thalfang war inmitten eines großen katholischen Gebietes der einzige Ort, in dem die evangelischen Christen in der Überzahl waren. "Deshalb herrschte in Thalfang eine große Toleranz zwischen Christen und Juden. Alle haben hier sehr bescheiden zusammen gelebt. Wenn eine gescheite Predigt auf dem Programm stand oder der Nachbar gestorben ist, dann sind damals auch Juden in einen evangelischen Gottesdienst gegangen."
In dieser Gemeinschaft hat auch jener Samuel Hirsch gelebt, der vor 200 Jahren in Thalfang geboren wurde. Er hatte in Bonn und Berlin studiert, war ab 1839 Rabbiner in Dessau, ging nach Luxemburg und später nach Philadelphia in den USA. Er zählte zu den bedeutendsten Rabbinern seiner Zeit. "Hirsch hat das moderne Judentum philosophisch begründet. Er war ein großer Denker", sagt Ittenbach.
Die Preisverleihung wird für den Historiker aber auch zu einer spannenden Begegnung werden, denn Samuel Hirschs Urenkel Emil wird mit seinem Sohn Bernie zur Preisverleihung nach Berlin reisen und anschließend Thalfang besuchen. Das teilt die Obermayer Stiftung in Boston mit.
Bei dieser Gelegenheit wird im Rahmen einer Feierstunde Samuel Hirsch, der bedeutendste Sohn Thalfangs, durch die Anbringung des Schildes "Samuel-Hirsch-Platz" geehrt. Außerdem wird der Entwurf eines Denkmals für Hirsch der Öffentlichkeit vorgestellt. Das Schild wird am 28. Januar um 16.30 Uhr neben dem Haus der Begegnung enthüllt.Extra

Der Obermayer Award wird jährlich von der Obermayer Foundation, einer Stiftung aus der West Newton in Massachusetts, vergeben. Es werden Deutsche geehrt, die besondere Beiträge leisteten, um die jüdische Geschichte und Kultur ihrer Gemeinden zu erhalten. Es soll das deutsch-jüdische Zusammenleben der Vergangenheit in Erinnerung gerufen und für die Zukunft wiederhergestellt werden. Die Stiftung, die die Auszeichnungen vergibt, wurde von Arthur S. Obermayer geschaffen, einem Vorstandsmitglied der Amerikanisch-Jüdischen Gesellschaft, dessen Vorfahren aus Deutschland stammten. Die Preisträger werden weltweit vorgeschlagen, besonders von Juden, die damit ihre Anerkennung und Dank für die geleistete Arbeit aussprechen wollen. hplExtra

Folgende Artikel zur jüdischen Geschichte von Talling und Thalfang sind kürzlich erschienen: Elmar P. Ittenbach: Vom Hunsrück in die USA. Die Situation jüdischer Familien in Talling, in: Die HOTT, Heft 65 (Mai 2015), S. 31-34. Elmar P. Ittenbach: Jüdisches Leben in Talling, in: Kreisjahrbuch Bernkastel-Wittlich 2016, S. 110-114. Elmar P. Ittenbach: Samuel Hirsch - jüdischer Weltbürger aus Thalfang (4. Teil: Reformrabbiner in Philadelphia, USA), in: Der Schellemann Nr. 27/2014, S. 19-30. Elmar P. Ittenbach: Samuel Hirsch - jüdischer Weltbürger aus Thalfang (5. Teil: Nachwirkungen) , in: Der Schellemann Nr. 28/2015, S. 24-33. Alle Schriften sind bei der Touristinformation im "Haus der Begegnung" erhältlich!

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