Eine Firma stellt Karnevalsorden in Handarbeit her

Speicher · Ohne sie wäre die Fastnacht nur halb so bunt: Die Speicherer Firma Stuco hat sich auf die Herstellung von Karnevalsorden spezialisiert und exportiert die Modestücke nach ganz Europa - 150.000 Stück alleine in diesem Jahr.

Karnevalsorden sind mehr als nur Schmuckwerk: In ihnen steckt Tradition, hochmoderne Technik und Design. Die im 19. Jahrhundert gegründete Firma Stuco aus Speicher ist Spezialist für ihre Herstellung. Ob spielerisch bunt, militärisch prächtig oder mit historischen Motiven - über die Optik der Orden entscheiden die Karnevalsvereine. "Wir brauchen dafür nur wenige Vorgaben", sagt Produktionsleiter Gerhard Müller. Heißt: Nur das Karnevals-Motto oder Taschentuch-Zeichnungen reichen. Manche Kunden haben aber auch spezielle Wünsche: In die Orden eingearbeitete Fotos, Größen bis zu 15 mal 15 Zentimetern, die bis zu zwei Kilogramm schwer sind.
Stuco liefert nach Europa, auch in die Karnevalshochburgen an Rhein, Main und Neckar - bei den Designs gibt es regionale Unterschiede "Deutschlandweit sind Relief-Motive gefragt. Die Süddeutschen bestellen oft Orden mit historischen Stadtansichten, Schlössern und Burgen." In der Region Trier seien Metallorden mit darauf lackierten Karnevalsmotiven "en vogue". Doch die Kundschaft verändert sich: Wie zum Beispiel auch in der Autoindustrie, ist in der Orden-Branche das "mittlere Segment" weggebrochen. Gerade die kleineren, oft ärmeren Vereine kauften immer günstigere Modelle, während die Großen vom Rhein immer exklusivere Handarbeit nachfragten, sagt Müller.

Die Handarbeit leisten vor allem die Graveure. In einer Geräuschkulisse wie in einer Zahnarztpraxis schleifen drei Graveure runde Metallblöcke. Das sind die Stempel, mit denen später die Formen auf das Metall gepresst werden. Die Gravur ist Millimeterarbeit. "Für einen Stempel brauchen wir einen Tag", sagt Müller.

Nach dem Schliff werden die Prägestempel auf 1000 Grad glühend erhitzt und im Ölbad gehärtet. Seit 1960 haben die Graveure in Speicher in diesem Verfahren 86.000 Einzelstücke hergestellt. 50.000 existieren noch in den Lagern der Firma - ein wahres Museum der Fastnachts-Geschichte. "Jeder Orden kann noch mal hergestellt werden", sagt Müller.

Im Untergeschoss arbeiten die Männer fürs Grobe, die Präger. Im Techno-Rhythmus stanzen sie aus Kupfer, Zink und Messingplatten die Formen aus. Dann werden sie glattpoliert - in einer Trommel mit Sand, Glaskugeln oder Steinen. Im Nebenraum riecht es nach Essig: Die Galvaniker tauchen die polierten Orden in ein Säurebad. Darin werden die Metallstück im galvanischen Verfahren mittels Strom vergoldet, versilbert oder verzinkt. In einer Kiste neben den Säurebädern liegt eine goldene Monstranz. "Unser Nebenerwerb: Manche Pfarrer bitten uns, ihren Kirchenschmuck neu zu vergolden", erklärt Müller.

Im Unterschied zu den Monstranzen werden die Orden in einem letzten Schritt noch lackiert. Jungfrauen, Bauern und Prinzen erwachen zum Leben. Ganze 150.000 Stück sind es in diesem Jahr: Die Firma setzt damit rund eine Millionen Euro um. Insgesamt 45 Mitarbeiter haben dafür monatelang gearbeitet. Einige von ihnen haben aber noch nicht genug vom Karneval: Sie sind heute nach Köln gefahren.

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