Altes Handwerk: "In meinem Beruf geht es um Enthusiasmus"

Trier · Altes Handwerk ist selten geworden - genauso wie jene, die es ausüben. Aber die Meister sind noch da, vielleicht kreativer denn je - und sie bewahren sich deshalb neben ihrer Tradition vor allem eines: ihre Kunden.

 Etwa eineinhalb Stunden braucht Wolfgang Gladziewki aus Mückeln (links) für diesen Korb.

Etwa eineinhalb Stunden braucht Wolfgang Gladziewki aus Mückeln (links) für diesen Korb.

Foto: Eileen Blädel

"Kann man davon denn leben? Das werde ich oft gefragt. Aber warum sollte man nicht davon leben können?" Wolfgang Gladziewki ist Korbflechter. Ein Beruf, der, wie er sagt, "in den Augen der Leute ja schon seit 50 Jahren ausstirbt - aber ich glaube das nicht". Nein, ein Korb sei kaum ein Produkt, das man zum Leben brauche. Und Korbmacher hätten es in den 60er Jahren schon schwer gehabt, als die Produktion von Kunststoffen zunahm.Handel im Wandel

 Schuhreparaturen sind eine typische Arbeit für Schuhmachermeister Rainer Mayer aus Prüm.

Schuhreparaturen sind eine typische Arbeit für Schuhmachermeister Rainer Mayer aus Prüm.

Foto: Eileen Blädel
 Büchsenmacher Gerold Bretthauer aus Daun (Bild links) in seinem Ladengeschäft in Daun.

Büchsenmacher Gerold Bretthauer aus Daun (Bild links) in seinem Ladengeschäft in Daun.

Foto: Eileen Blädel
 Der Trierer Geigenbauer Josef Kling mit einer noch unfertigen Geige, die sein Vater einst gebaut hat.

Der Trierer Geigenbauer Josef Kling mit einer noch unfertigen Geige, die sein Vater einst gebaut hat.

Foto: Eileen Blädel


"Heute kommt der Druck zunehmend aus China und durch den Import von Serienwaren. Da jammern viele. Ich sage: Dann müsst ihr halt etwas Besseres machen." Gladziewki, der in Mückeln lebt und arbeitet, hat in jungen Jahren Agrarwissenschaften studiert - und dann doch seinen Korbmacher-Meister gemacht. Eine Familientradition. Eine Kundin, erzählt er, habe mal zu ihm gesagt, der ganze Plastikmüll sei ihr zuwider, und sie hätte beschlossen, sich nur noch mit schönen Dingen zu umgeben. "Wenn ich das höre, dann ist mir nicht bange."

"Manche Berufe sterben tatsächlich aus", sagt Jochen Floss vom Handwerkerverein Schönecken. "Wagner, also Radmacher, zum Beispiel." Früher habe es allein in Schönecken mehrere Hutmacher gegeben. Heute sei da keiner mehr. Oft habe auch der moderne Betrieb mit der alten Kunst nur noch wenig zu tun, "weil der Handhobel in der Schreinerwerkstatt durch eine Maschine ersetzt wird". Alteingesessene Betriebe würden zudem kaum mehr ausbilden, weil es an Nachwuchs mangele oder das Ganze einfach zu teuer sei.

Der Schuhmachermeister Rainer Mayer rät dazu, lieber gleich in die Orthopädie zu gehen. Das ist auch sein zweites Standbein. "Sonst wäre das ein Halbtagsjob, sag ich immer." Aber in einer Stadt wie Prüm könne er auf diese Weise gut leben. Andere Schuhmacher, selbst in größeren Städten, böten auch unter anderem einen Schlüsseldienst an. "Das ist eben alles eine Frage der Wirtschaftlichkeit", sagt Mayer. Früher habe er auch Schuhe selbst gemacht. "Aber das rechnet sich einfach nicht." Die Menschen kommen vor allem mit Reparaturen zu ihm, Absätze und Sohlen, aber auch Reißverschlüsse und - "seit der Oktoberfestmanie" - Lederhosen.

Vielseitig müsse man eben sein, nur so rentiere sich das, sagt auch Gerold Bretthauer, Büchsenmacher in Daun. In seinem Handwerksbetrieb und Ladengeschäft, das sein Vater Willi Bretthauer bereits 1948 gegründet hat, verkauft er alles, was das Jäger- und Anglerherz begehrt. Etwa 200 Messer hat er in seiner Auslage. "Und wenn dann einer kommt und fragt: Sind das alle Messer, die Sie haben? Dann sag ich immer: Ja, wie viele wollten Sie denn kaufen?" Mechanische Änderungen an Waffen, Montagen von Zielfernrohren oder Restaurationen von alten Gewehren - es gebe Kunden, die dafür bis zu 300 Kilometer zu ihm fahren. Weil sie Vertrauen zu ihm hätten. Auch das sei wichtig. "Aber Jäger, Wald und Wild wird\'s immer geben", sagt Bretthauer. "Und es gibt immer noch Leute, die sich ihre Waffen so bauen lassen, wie sie sie haben wollen."

Eine selbst gebaute Geige aus der Werkstatt von Josef Kling kostet um die 8000 Euro. Das Instrument aus der Fabrik gibt es für wenige Hundert Euro. Um da mithalten zu können, sagt der Trierer Geigenbauer, müsse man etwas bieten, das man nicht an jeder Ecke findet. "Viele lernen unseren Beruf und merken dann, das ist ja doch nicht so einfach, doch nicht so romantisch. Und gehen dann wieder einen anderen Weg."

Meist kommen Kunden wegen Reparaturen und Restaurationen in die Werkstatt. Aber Klings Sohn Albert, die mittlerweile vierte Generation, hat sich auf Neubau spezialisiert. "Ein mutiger Schritt", findet Josef Kling. Er hält es für möglich, dass sein Beruf zeitweise "in einen Dornröschenschlaf" geraten könnte. "Aber da kommt er dann auch wieder raus." Bei der Arbeit, sagt er, dürfe man nicht ans Geld denken, sondern müsse bei der Sache sein - und dann stimme auch der Absatz. "In meinem Beruf", sagt er, "geht es um Enthusiasmus, um die Verbindung zur Tradition und um Liebe."

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