Risiko für Nachfolge-Kandidaten

Wie auch immer am 7. Juni die Wahl um das Amt des Schweicher Stadtbürgermeisters ausgeht: Der künftige Amtsinhaber wird in keinem Fall mehr Vitus Blang heißen. Seit zehn Jahren hatte der gelernte Krankenpfleger aus Schweich-Issel die Geschicke der Stadt gelenkt. Doch erneut antreten will der SPD-Mann nicht mehr - obwohl ihm in diesem Fall die Wiederwahl sicher wäre.

 Kandidiert nicht mehr: Stadtbürgermeister Vitus Blang stellt nach zehn Jahren sein Amt zur Verfügung. TV-Foto: Friedhelm Knopp

Kandidiert nicht mehr: Stadtbürgermeister Vitus Blang stellt nach zehn Jahren sein Amt zur Verfügung. TV-Foto: Friedhelm Knopp

Schweich. "Ich stehe zu meinem Nein. Jeder, der 2009 für dieses Amt kandidiert, soll wissen, dass er nun ,Gefahr läuft', tatsächlich gewählt zu werden", sagt Vitus Blang, der nur noch als einfaches Mitglied für Stadt- und Verbandsgemeinderat kandidieren will. Einen sicheren Amtsbonus-Inhaber Namens Blang, dem man getrost als "Pro-Forma-Kandidat" entgegentreten könne, werde es nicht mehr geben.

Seit zehn Jahren an der Spitze einer lebhaften 7000-Einwohner-Gemeinde - warum nicht noch fünf Jahre dranhängen, zumal die Wiederwahl so gut wie sicher wäre? Der 56-Jährige winkt ab und sagt: "Ich verbinde mit diesem Amt bestimmte Erwartungen. Es sind Erwartungen, die ich in den kommenden fünf Jahren nicht mehr mit der Intensität erfüllen kann wie bisher."

Ehrenamtlicher wird zur Hälfte vom Beruf freigestellt



Dies liege einfach daran, dass die Nebenbedingungen für den ehrenamtlichen Stadtbürgermeister, der auch einen Hauptberuf habe, einfach nicht mehr stimmten. Kein spezifisch Schweicher Problem sei dies, sondern in allen kleinen Städten mit ehrenamtlichem Stadtoberhaupt zu beobachten. Nach dem Gesetz werde der ehrenamtliche Stadtbürgermeister zur Hälfte von seiner Berufstätigkeit freigestellt. Dies reiche jedoch nicht aus, wenn man in wichtigen Fragen ständig mit Verwaltungen und Institutionen korrespondieren müsse. Die seien schließlich nur tagsüber und zur Hauptarbeitszeit erreichbar.

Blang: "Schon bei meinem Amtsantritt 1998 hat Mainz versprochen, hieran etwas zu ändern. Doch geschehen ist bisher nichts."

Trotzdem hält er nichts davon, das Stadtbürgermeisteramt mit einem Berufsbeamten zu besetzen, denn dann "wird es für den Ehrgeizigen nur zum Karrieresprungbrett und für den Phlegmatiker zum Abstellgleis". Seiner Meinung nach sollte im Interesse der kleinen Städte am Ehrenamt festgehalten werden - aber die Rahmenbedingungen müssten verbessert werden. Und das Kommunalamt als nettes Betätigungsfeld für rüstige Rentner, das könne auch nicht die Lösung sein. "Das funktionierte früher vielleicht einmal. Doch heute sind die Ansprüche dafür zu komplex", sagt Blang.

In seiner nun auslaufenden Amtszeit hat Vitus Blang Spuren hinterlassen. Er selbst stellt die Verwirklichung des Baugebiets "Ermesgraben" oben an. Blang: "Die Sache so aufzustellen, dass sie ein privater Investor übernehmen konnte, und die Überzeugungsarbeit in den Gremien, dass dies der richtige Weg sei, war für mich der persönlich wichtigste Erfolg." Er erinnert sich an seine Eröffnungsrede zum Amtsantritt 1999 und was daraus umgesetzt wurde: Der Bau der Kreisel, die Ganztagsschulen, Schweich als Gymnasialstandort, der Synagogen-Vorplatz, die Sportanlage und die Ortsentlastungsstraße.

"Die Straße haben wir einfach selbst in die Hand genommen, sonst gäbe es sie heute noch nicht. Wie in Konz-Könen, wo noch immer die Forderungs-Schilder stehen und sonst nichts", lacht Blang.

Seinem noch unbekannten Nachfolger wünscht er viel Erfolg bei den künftigen Projekten und Durchhaltevermögen bei den repräsentativen Aufgaben. Gedanken über die Wochend-Gestaltung eines Stadtbürgermeisters müsse der sich jedenfalls nicht machen.

Meinung

Amtsverzicht aus Verantwortung

Steigende Ansprüche an das Ehrenamt des Stadtbürgermeisters bei unveränderten Rahmenbedingungen: Die sich immer weiter öffnende Schere zwischen Berufsleben und Stadtbürgermeisteramt haben Vitus Blang zum Rückzug bewogen. Nicht, weil es ihm zuviel wurde, sondern aus der Überzeugung heraus, den Ansprüchen nicht länger gerecht werden zu können. Entsprechend groß sind die Fußstapfen, in die sein Nachfolger wird treten müssen. Dem Gesetzgeber in Mainz sollte es zu denken geben, wenn ein ehrenamtlicher Amtsinhaber verzichtet, weil er seine Aufgabe zu 100 Prozent ernst nimmt. Wer immer die ehrenamtliche Nachfolge in Schweich antritt - einen Spaziergang hat er nicht zu erwarten. Dessen sollten sich die demnächst um die Nachfolge ringenden Kandidaten bewusst sein. f.knopp@volksfreund.de

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