So offen wie noch nie

Trier · In exakt 200 Tagen, am 7. Juni 2009, steht Trier die spannendste und unberechenbarste Kommunalwahl seit einem halben Jahrhundert ins Haus. Nie war das Ergebnis so offen, nie waren die Folgen so unmittelbar und gravierend wie beim nächsten Urnengang.

Trier. Die Boten des nahenden Wahlkampfs zeigen sich in einer wachsenden Zahl von Anträgen und Grundsatzdebatten im Stadtrat. In den Parteien laufen die Hintergrundgespräche für die Aufstellung der Listen, Kommissionen planen eine Fülle von Aktivitäten im ersten Halbjahr 2009.

Künftig sechs Parteien im Rathaus?



Dass es diesmal noch heftiger und intensiver zugehen dürfte als sonst, hat drei entscheidende Gründe. Da ist zum einen der Kantersieg von Klaus Jensen bei der Oberbürgermeisterwahl, der die Gewichte in Trier erheblich verschoben hat. Rot-Grün sah sich nach der Zweidrittel-Mehrheit für das parteiunabhängig angetretene SPD-Mitglied Jensen bereits im sicheren Vorgefühl einer neuen Weichenstellung im Rat.

Doch die CDU kämpft erbittert um ihre einstige Hochburg, und nach eineinhalb Jahren Jensen-Realo-Politik vor dem Hintergrund leerer Kassen und allgegenwärtiger Zwänge ist die Frage offen, ob die Wechsel-Stimmung der OB-Wahl im Juni 2009 noch trägt.

Zumal, und das ist die zweite Unwägbarkeit, die jüngste Änderung des rheinland-pfälzischen Wahlrechts die Abschaffung jeglicher Sperr-Klausel bei Kommunalwahlen gebracht hat. Will heißen: Trier steht angesichts des Umstandes, dass die "Linke" antritt, eine Sechs-Parteien-Volksvertretung ins Rathaus. Und damit das Ende kalkulierbarer Mehrheitsverhältnisse.

Bislang war die CDU stets die dominierende Kraft, früher im Zusammenwirken mit der SPD, danach mit der UBM - ohne dass es allerdings je einer Koalitionsvereinbarung bedurft hätte. Ein einziges Mal, in den frühen Neunzigern, bestand die Option auf eine rotgrüne Mehrheit, aber dann zerbrach die SPD.

Rat wählt zwei neue Dezernenten



Aber selbst damals hätte eine Ratsmehrheit nicht die Macht gehabt, über die der kommende Stadtrat verfügt: Er wählt nämlich, und das ist der dritte Punkt, innerhalb kürzester Zeit zwei neue Dezernenten - und bestimmt damit auf Jahre die politische Linie und die personelle Substanz des Stadtvorstands.

Diese Entscheidung, durch das Auslaufen der Amtszeiten Bernarding und Holkenbrink vorgegeben, schließt eine "Hängepartie" mit offenen Mehrheiten nach der Wahl aus.

Alle werden Farbe bekennen müssen, vielleicht schneller, als es manchem lieb ist.

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