Theatergeschichte(n)

Heute Abend gehen Tante Helga und Onkel Franz nach Trier ins Theater. Da wird nämlich das Musical "Der Mann von La Mancha" aufgeführt.

Tante Helga freut sich. "Das ist eine Erstaufführung", verkündet sie strahlend. "Nein", widerspricht Onkel Franz. "Das ist eine Premiere." Tante Helgas Stimme wird leicht schrill: "Sag ich doch, eine Erstaufführung." Tatsächlich liegt Tante Helga mit ihrer Behauptung gar nicht so falsch. Schließlich bedeutet auch das französische Wort Premiere "die Erste". Allerdings bezeichnet der Begriff Premiere eine ganz spezielle erste Aufführung. Premiere nennt man die erste Vorstellung einer neuen Version eines alten Stücks. So wie zum Beispiel beim Trierer "Mann von La Mancha". Das ist ein 50 Jahre altes Musical, das auf dem Roman "Don Quijote" des spanischen Schriftstellers Miguel de Cervantes basiert. Es wurde seither schon viele Male gespielt. Das Trierer Theater hat jetzt seine ganz eigene Interpretation gestaltet. Wenn sie am heutigen Samstag zum ersten Mal dem Publikum vorgestellt wird, dann ist das die Premiere. Zum ersten Mal aufgeführt wurde das Musical 1965 in Amerika in englischer Sprache. Diese allererste Aufführung eines Stücks bezeichnet man auch als Uraufführung. Damit nicht genug: Es gibt auch noch eine sogenannte Erstaufführung. So nennt man es, wenn ein Stück erstmals in einem anderen Land oder in einer anderen Sprache als der ursprünglichen gespielt wird. Die deutschsprachige Erstaufführung von "Der Mann von La Mancha" gab es zum Beispiel 1968 in Wien. Ganz schön kniffelig, diese Sache mit den Erst- und Uraufführungen und den Premieren. Und nicht nur das: Alle diese Aufführungen sind auch sehr aufregend. Bei Uraufführungen sehen oder hören die Leute oft ganz neue Sachen, die sie nicht kennen und die ihnen deshalb komisch vorkommen. Darüber regen sie sich manchmal so auf, dass sie pfeifen und trampeln oder sogar vor dem Ende nach Hause gehen. Auch bei Premieren wird das Publikum nicht selten wütend. Da es die alten Stücke schon lange kennt, hat es oft feste Vorstellungen, wie sie aufgeführt werden müssen. Wenn dann der "Fliegende Holländer" , von dem jeder weiß, dass er ein Seemann ist, als Bankdirektor mit Aktenkoffer ankommt, geht das für manche Theaterbesucher gar nicht. Wie man sieht: Um etwas Neues zu machen, dazu braucht man auch beim Theater Mut. Eva-Maria Reuther

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