Das investigative Missverständnis

Im Fernsehen gibt es Privatdetektive, die sich bei ihren Recherchen einfach Zugang zu fremden Wohnungen oder Büros verschaffen, um Unterlagen zu kopieren. Im Internet und gelegentlich auch in Wochenblättern gibt es Menschen, die einfach mal irgendetwas behaupten – je spektakulärer desto besser – ohne tragfähigen Beleg, einfach mal so vom Hörensagen.

Das Erste ist eine Straftat, das Zweite einfach unseriös (und wenn diese Medien als Nachrichtenmedien ernst genommen würden, hätte so etwas auch rechtliche Konsequenzen). Mit Journalismus hat beides nichts zu tun.

Aus Fernsehgewohnheiten und der Wahrnehmung von so genannten Informationen, deren Menge sich durch soziale Netzwerke vertausendfacht hat, die sich aber dennoch kaum über Stammtischniveau bewegen, entsteht bei manchem der Eindruck, dass diese Mischung aus Einbruch und halb garer Meinungsäußerungen so etwas, wie investigativer Journalismus ist. Das ist es aber mitnichten: Denn weder Kollegen bei der Bild-Zeitung, beim Spiegel oder der Süddeutschen schreiben einfach irgendwas, was sie gehört haben, auch wenn es noch so spektakulär oder plausibel klingt, ohne dass sie belastbare Belege haben.

Um an diese zu kommen, brechen sie auch nicht irgendwo ein oder haben polizeiliche Möglichkeiten zu Hausdurchsuchungen. Es ist stets so, dass Informationen und Unterlagen von mutigen Menschen auf die eine oder andere Weise zugespielt werden. Und wenn diese Informationen belastbar sind oder die Quelle (auch wenn diese geheim bleibt) glaubwürdig ist, lässt sich daraus eine Enthüllung machen.

Mit anderen Worten: Die Vorstellung, dass investigativer Journalismus etwas mit privaten Ermittlungen oder Gerüchte-Verbreitung zu tun ist, ist ein Missverständnis. Wer ihn also fordert und etwas zu wissen glaubt, muss den Mut haben, belastbare Informationen vertraulich weiterzugeben.

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