Dat Saufe muss ophéieren

Mir ist neulich bei einem Gespräch mit einem Bekannten klar geworden, wie unproblematisch deutsche Mittagspausen sind. Man organisiert sich was zu essen, isst, hält ein Schwätzchen, trinkt nen Kaffee und sitzt ne halbe Stunde später wieder am Schreibtisch.

Mein Bekannter ist in der Baubranche und arbeitet in Luxemburg. In der Mittagspause flüchtet er sich meist in ein nahe gelegenes Fitnesscenter. Denn da muss er keinen Alkohol trinken.

Ein paar Mal war er nicht schnell genug, so dass seine Kollegen ihn mit ins Restaurant nahmen. Weil das in einer luxemburgischen Mittagspause (die bei dieser Firma Minimum eine Stunde dauern muss) nun mal so ist, gibt's als Aperitif einen Sherry, zum Essen zwei große Glas Wein und nach dem Schnabbeln schlubbert man noch nen Schnaps. Den Rest des Nachmittags sitzt mein Bekannter dann hilflos vor seinem Rechner. Zu betrunken zum Arbeiten. Zu betrunken zum Wegfahren. Seither verbringt er die Mittagspausen gezwungenermaßen auf dem Crosstrainer.

Weiter erzählte er, dass einer seiner Kollegen neulich wegen Leberproblemen zum Arzt musste. Der Arzt habe natürlich wissen wollen, wie viel der Kollege so trinke, woraufhin dieser erklärte, er trinke in der Mittagspause einen Sherry, zwei Wein und einen Schnaps und abends ein paar Bierchen. Und wenn ich meinem Bekannten glauben darf, und ich glaube, das darf ich, sagte der Arzt daraufhin: "Na, am Alkohol kann es dann ja nicht liegen."

Und weil das so schön passt, zitiere ich zum Schluss ein paar der zig Zeilen, die sich im "Luxemburger Wörterbuch" unter dem Eintrag "saufen" (du säifs,hie säift) finden und dem Mann womöglich als Ratschlag dienten: "Du kanns drësseg Humpen drénken, awer dat Saufe muss ophéieren."

Katharina Hammermann

Deutschland (und Luxemburg) stecken voller Rätsel. Meist merkt man es nicht. Man zapft blasenfrei, ohne sich zu fragen, was das soll. Man geht zum Arzt und wartet, obwohl man einen Termin hatte. Und wer kauft nur all diese Kittelschürzen? "Katharina staunt" - die Kolumne unserer Chefreporterin Katharina Hammermann.

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