Taffe Mädels, wilde Fans, irre Performer

In Brasilien geht es derzeit drunter und drüber, man redet über Fußball und Armut – aber selten über Kultur. Das dürfte sich ändern, wenn das Zuckerhut-Land im Herbst Ehrengast der Frankfurter Buchmesse ist.

Diese Woche wurde das Programm vorgestellt: Brasilia schickt 70 Autoren und 100 Verlage an den Main, lässt einen Pavillon von Star-Designerin Daniela Tomas gestalten und verspricht neben den allfälligen Stars jede Menge heiße Newcomer.

Die gibt's an deutschen Theatern auch. Das Haus in Erfurt, eines der besseren im Lande, hat die 26 Jahre alte Joana Mallwitz als Generalmusikdirektorin engagiert. GMD mit 26 - das ist, wie wenn der Trainee zum CEO berufen wird. Mal sehen, was die alten Herren des Orchesters dazu sagen. Mallwitz scheint freilich Angst nicht zu kennen: Mit 20 sprang sie im Theater Heidelberg von einer Minute auf die andere als Premieren-Dirigentin von Madama Butterfly ein und wurde so in der Szene berühmt. Inzwischen hat sie auch die Götterdämmerung im Repertoire.

Letztere dürfte heute auch in München eine Rolle spielen, wenn die Bayerische Staatsoper anlässlich des Doppel-Jubiläumsjahres Verdi/Wagner die Anhänger beider Protagonisten zu einer musikalischen Schlacht einlädt. 1000 Opernfans marschieren durch die Stadt, die einen für Verdi, die anderen für Wagner - wobei der Italiener nach der Online-Anmeldung über das deutlich größere Team verfügt. Vor dem Nationaltheater begleiten Blaskapellen die Truppen in den finalen Kampf.

Während die einen also versuchen, Publikum ins Theater zu locken, schaffen es andere, selbst die Gutwilligen zu vertreiben. So wie der aus unerfindlichen Gründen zum Feuilletonliebling avancierte Performance-Künstler Jonathan Meese, der am Mittwoch bei den Mannheimer Schillertagen einen Theaterabend damit bestritt, Hitlergrüße zu zeigen, das Publikum anzubrüllen, Hakenkreuze auf Alien-Puppen zu malen und wie geisteskrank auf und ab zu rennen. Am Ende des knapp dreistündigen Spektakels waren drei Viertel des Publikums nach Hause gegangen - immerhin ein leiser Hoffnungsschimmer. 2016 inszeniert Meese übrigens den "Parsifal" in Bayreuth.

Nicht auszudenken, wenn Meese beim Film "Kleopatra" Regie geführt hätte. Wahrscheinlich hätte Liz Taylor ihrem Julius Caesar in die Sandalen urinieren müssen. Zum Glück blieb Kleopatra Legende, und so kann die Bundeskunsthalle Bonn seit heute dem Mythos in einer Ausstellung mit dem Titel "Kleopatra - die ewige Diva" nachspüren. Die Schau enthält mehr als 200 Bilder, Skulpturen, Fotos und Filme - und ist bis zum 6. Oktober zu sehen.Dieter Lintz

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