Inflation? Deflation? Bloß keine Panik!

Tanken ist nicht mehr so teuer, die übrigen Preise steigen nur mäßig an in Deutschland. Manche Fachleute finden das gefährlich. Sie malen das Schreckgespenst der Deflation - des allgemeinen Preisverfalls - an die Wand. Eine Forderung: Die Europäische Zentralbank solle deshalb in die Finanzmärkte stärker eingreifen als bisher. Ob das etwas bringt, ist aber nicht so sicher.

Heizöl und Sprit sind billiger, Lebensmittel etwas teurer geworden. Insgesamt müssen Verbraucher in Deutschland und anderen EU-Staaten derzeit nicht viel mehr Geld für ihre Lebenshaltung ausgeben als im Vorjahr. Niedrige Inflation heißt das, die Teuerungsrate lag hierzulande im März bei einem Prozent. Das schont das Portemonnaie. Aber es gibt Volkswirte, die darin eine Gefahr sehen. Unternehmen wie Verbraucher könnten zu viel sparen - weil sie damit rechnen, das alles noch billiger wird und abwarten. Die Wirtschaft könnte gezwungen sein, die Preise weiter zu senken und verdient dann weniger. Im schlimmsten Fall würde daraus eine Deflation: dauerhaft sinkende Preise und Löhne, kein Wachstum mehr. Das träfe auch die privaten Haushalte.

Obwohl dies in den vergangenen Tagen diskutiert worden ist, muss es nicht so weit kommen. Deutschland befindet sich im Aufschwung, und es gibt Anzeichen dafür, dass die Konjunktur innerhalb der gesamten Eurozone endlich anzieht. Dazu muss kluge Wirtschaftspolitik ihren Anteil beitragen - öffentliche Ausgaben mit Vorsicht tätigen und Steuern so regeln, dass Unternehmen wie Verbraucher Spielraum haben, zu investieren und zu konsumieren.

Von daher erscheint es verkehrt, nun übereilt zu handeln, auch wenn die Europäische Zentralbank eher eine Teuerung von zwei Prozent für das richtige Maß hält, bei dem die Preise stabil bleiben. Die Notenbänker erwägen deshalb, einzugreifen und Anleihen zu kaufen. Dann käme mehr Geld in Umlauf und könnte über Kredite Anreize zu Investitionen und zu Preisanstiegen geben. Theoretisch soll die anhaltende Niedrigzinspolitik der EZB Dasselbe bewirken, hat aber in den kriselnden Südländern der Eurozone nicht viel geändert. Dort gibt es Schulden allenthalben, das hemmt Wirtschaft und Banken, die ihr Geld ungern weiterverleihen. Da könnte ein wenig Druck helfen: wenn die EZB bei ihr gebunkerte Einlagen der Banken mit Negativzinsen bestraft. Zusammen mit den politischen Maßnahmen stützt das einen Aufschwung mit stabilen Preisen womöglich besser als Anleihekäufe, wie sie japanische Zentralbank und US-Notenbank Fed längst betreiben. Für die EZB besteht dazu noch kein Grund. Im April, dank der Nachfrage der Osterurlauber, steigen die Preise wohl ohnehin wieder stärker.

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