Mensch ... Melanie Müller!

Glückwunsch, starker Auftritt mit Ihrem WM-Song für Brasilien. Bis jetzt haben wir mit Ex-Nationaltorwart Immel oder Stürmerlegende Ailton immer nur Leute kennengelernt, die vom Fußballplatz ins Dschungelcamp gewechselt sind.

Bei Ihnen ist es umgekehrt, das kann eigentlich nur besser sein. Obwohl: Wenn man sich die Sache so anhört und die Ohren dabei nicht gleich freiwillig auf Tinnitus schalten, dann kommen einem doch gewisse Zweifel. Nicht alles, was große Bälle mit sich herumschleppt, ist prädestiniert für Fußballschlager. "Deutschland schießt ein Tor" heißt Ihr Werk, und praktischerweise sind damit 80 Prozent des Textes gleich im Titel enthalten - da spart man sich den Abdruck auf dem CD-Cover. Und Sie brauchen bei künftigen Live-Auftritten keinen Teleprompter, ein Post-It-Zettel reicht völlig aus. Sofern Sie lesen können. Das mit dem Playback müssen Sie noch ein bisschen üben, das klappt bei Ihrem Video noch nicht so ganz. Die Lippen bitte immer nur dann bewegen, wenn vom Band auch Worte ertönen. Und nicht vergessen, die halbe Extra-Sekunde einzuplanen, die es dauert, bis sich die aufgespritzten Babbelschläuche bei Ihnen in Bewegung setzen. An der Musik hätten Sie auch noch ein bisschen basteln können. Nicht nur, weil es den einzigen Tonartwechsel erst nach 2:35 Minuten gibt. Auch wegen der Begleitinstrumente. Wahrscheinlich wollte Ihr Produzent am Synthesizer auf die Samba-Taste drücken und ist versehentlich bei Irish-Folk-Gitarre gelandet. Ist aber nicht so schlimm: Egal, ob Brasilien oder Irland, Hauptsache Afrika. Was mich freut, ist Ihre Bescheidenheit. Der Titel solle kein Meilenstein der Musikgeschichte werden, haben Sie bei Facebook geschrieben. Gut, dass Sie es gesagt haben, ich war gerade dabei, "Deutschland schießt ein Tor" in eine Reihe mit Beethovens Neunter und "Yesterday" von den Beatles zu stellen und für den Musikunterricht in der Oberstufe vorzuschlagen. Eins muss man Ihnen allemal lassen: Sie sind nicht die Erste, die sich mit einem WM-Song blamiert. Unvergessen der Tiefpunkt der großen Karriere von Udo Jürgens im Jahr 1990, mit der denkwürdigen Zeile: "Wir sind schon auf dem Brenner, wir brennen schon darauf." Der hat\'s künstlerisch auch überlebt. Und die Deutschen sind trotzdem Weltmeister geworden.

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