Mensch ... Thomas Oppermann

Trier · Vielleicht sollten Sie doch den Beruf wechseln. Ihr schauspielerisches Talent würde Sie geradezu für eine Bühnen- oder Leinwand-Karriere prädestinieren.

Wie Sie da vor die Presse gingen und mit Leichenbittermiene tief getroffen den offenkundig völlig überraschenden Verdacht gegen Ihren Kollegen Edathy kommentierten und die Ermittlungsbehörden mit Grabesstimme kategorisch aufforderten, die "ungeheuer schwer wiegenden Vorwürfe" schnellstmöglich aufzuklären: Das war, à la bonne heure, Oscar-reif. Jedenfalls, wenn man in Rechnung stellt, dass Sie seit Monaten von der ganzen Chose wussten.

Das Magazin Cicero hat Sie mal als "Obama der SPD" bezeichnet - vielleicht sind Sie ja doch eher der George Clooney des Bundestags. Obwohl der ja meist sympathische Rollen spielt - was man von Ihnen derzeit beim besten Willen nicht behaupten kann. Da hat der brave CSU-Minister Friedrich etwas rechtswidrig, aber menschlich nicht mal unsympathisch, mit einem diskreten Tipp zu verhindern versucht, dass die SPD eine möglicherweise mit einem peinlichen Skandal belastete Person mit einem wichtigen Amt in der großen Koalition betraut.

Und was macht die SPD-Spitze, Sie inklusive? Sie posaunt das Geheimnis derart durch die Gegend, dass man sich schon wundert, dass es nicht noch per Facebook aus dem Willy-Brandt-Haus gepostet wurde. Und Sie bringen mit anrüchigen Nachfragen einen Spitzenbeamten des BKA in Verlegenheit. Als die Sache auffliegt, tun Sie erst mal so, als hätten Sie nichts gewusst. Und als sich das nicht halten lässt, hängen Sie wie einst die Klassenpetze in der Grundschule den Kollegen Friedrich hin. Motto: Ätsch, ätsch, der hat's mir verraten.

Nicht, dass ich was dagegen hätte, wenn Politiker ausnahmsweise mal die Hosen runterlassen. Aber dann doch bitte die eigene und nicht die von anderen. Sie haben Glück, dass die SPD derzeit nicht in der Stimmung ist, sich einen Fraktionsvorsitzenden wegschießen zu lassen. Die CSU wird zur Kompensation ein bisschen mehr Maut oder ein paar Extra-Bauernsubventionen fordern und bekommen.

Das gab's auch früher schon: Man nannte das Ablasshandel. Nur dass Sie das System perfektioniert haben: Den Obolus zahlt nicht der Sünder, sondern der Steuerbürger.
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