Die reine Essenz eines Jahrgangs

Er ist immer wieder heiß begehrt, auch wenn er aus Eiseskälte kommt: der Eiswein. Für den Winzer ist es ein Roulette-Spiel, auf Eiswein zu spekulieren. Er muss sich überlegen, welche Rebstöcke - und vor allem auch in welcher Lage - er während der normalen Lese im Herbst nicht aberntet, sondern stehen lässt.

Gibt es gar keinen Frost oder ist der Frost zu kurz, dann sind die Beeren für eine weitere Verwendung dahin. Ein Trierer Winzer brachte es neulich auf den Punkt: Das ist dann ein "Schuss in den Ofen". Aber wenn es dann doch noch ausreichend Frost gibt, ist die Freude groß. Schließlich erzielen die doch sehr begrenzten Mengen immer wieder hohe Preise am Markt. Sie sind eine echte Rarität. Die letzte größere Eisweinlese stammt aus dem Jahrgang 2012.

Eisweine aus den deutschen Weinregionen haben in der Regel einen sehr hohen Restzuckergehalt. Der kann bis zu 100 Gramm pro Liter betragen. Ein großer Vorzug gegenüber südlichen Süßweinen: Deutscher Eiswein hat meist wenig Alkohol, manchmal nur sieben Volumenprozent. Im Eiswein sind all die Geschmacksnuancen eines Jahrganges sehr stark konzentriert. Er ist sozusagen die Essenz des Jahrgangs.

Nimmt man einen Schluck und lässt ihm ein wenig Zeit, seine Aromen zu entfalten und schließt die Augen … dann kann man sich leicht an vergangene, warme Sommertage erinnern. Da die Trauben bei der Eisweinernte viel weniger Feuchtigkeit haben und gefroren gepresst werden, konzentriert sich das Aroma. . so intensivWenig Alkohol, viel Aroma - damit passt der Eiswein imme gut als Aperitif oder aber zu Desserts. Am liebsten genieße ich den Eiswein aber ohne jegliche Beigabe. sofern ich ein bezahlbares Fläschchen ergattern kann. Eis wein gilt wegen seines hohen Zu ckergehaltes übrigens als lange haltbar. Manch einer stellt ihn sich gar als Wertanlage in den Keller. und hofft darauf, dass sich sein Preis erhöht. Aber eigentlich ist er doch - wie alle anderen Weine auch - zum Trinken da. Wer also an trüben Wintertagen vom Sommer träumen will, soll sich einfach eine Flasche aufziehen. Zum Wohl!

Hans-Peter Linz

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