Es ist Zeit für die Gänsehaut

Ich werde niemals etwas anderes sagen als: Entscheidend am Wein ist der Inhalt der Flasche. Und doch: Wenn ich mich zwischen zwei Flaschen gleichen Inhalts entscheiden müsste, würde ich mir die aussuchen, die mich optisch mehr anspricht.

Ein Beispiel: Eine Flasche mit der Aufschrift "Gänsehaut pur" hat mehr Chancen als das gleiche Behältnis mit dem Aufdruck "Cuvée Rot." Die Gänsehaut gibt es wirklich. Ein Winzer aus Rheinhessen wirbt damit.

Ist das nun die Gänsehaut, die viele Menschen bekommen, wenn es sie vor etwas gruselt oder sie ihr Lieblingslied hören. Dann stellen sich beispielsweise die Härchen an den Armen auf. Das sieht so aus, wie die Haut einer gerupften Gans. Ich denke, der Winzer spricht das Gefühl an, aber auch die Aussicht auf den Herbst und Winter, in dem so manche gebratene Gans mit Rotkohl und Klößen auf die Tische kommt. Darauf zielt der Winzer mit seiner Beschreibung. Gänsehaut pur sei eine Cuvée aus Cabernet Sauvignon, Schwarzriesling und Pinot Noir - ein Wein, perfekt zu Wild, Gans und zur kalten Jahreszeit. Vielleicht ist der Wein ja auch solch ein Erlebnis, dass sich die Gänsehaut ohne Zutun des Federviehs einstellt.

Was mir auch besonders gut gefällt, obwohl ich ihn keinem Winzer zuordnen kann, ist der Spruch "Save water, drink wine" (Spare Wasser, trinke Wein). Der findet sich auch auf T-Shirts und Polohemden. Ich habe schon einige junge Leute in diesem Outfit gesehen. Man sollte die Wirkung nicht unterschätzen. Schnell ist mit so etwas ein Trend in Gang gesetzt. Die älteren Weinfreunde, so wie ich einer bin, sollen zwar ruhig noch weiter reifen, irgendwann aber fallen sie aus der Liste. Da kann es nichts schaden, wenn die nachfolgende Generation erkennt, welche Qualitäten quasi vor der eigenen Haustüre erzeugt werden.

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