Problemfall Eiswein

Die eine Nacht mit klirrendem Frost hat gereicht. Bis zu minus neun Grad war die Temperatur in der Nacht zum Mittwoch in zahlreichen Weinbergen gesunken. Kalt genug, um Eiswein zu ernten. Diesmal hatte sich das Risiko gelohnt.

Knackiger Frost im November oder Dezember, das ist in den vergangenen Jahren selten geworden. Kommt der erste richtige Frost erst Mitte/Ende Januar, sind die meisten Trauben vergammelt, oder Vögel und Wildschweine haben sie gefressen. Kein Wunder, dass viele Winzer auf die Erzeugung von Eiswein inzwischen verzichten. Eiswein wird somit noch rarer, voraussichtlich auch teurer. Es ist eine Spezialität, wie sie die Natur nur in den nördlichen Weinanbaugebieten hervorbringen kann.

Die meisten Verbraucher haben eine romantische Vorstellung darüber, wie Eiswein erzeugt wird. In aller Frühe - es ist noch dunkel und klirrend kalt - geht der Winzer mit seinen Helfern in den Wingert und liest per Hand die tiefgefrorenen Trauben. An Mosel, Saar und Ruwer ist das tatsächlich immer noch die Regel.

Anders in den großen Anbaugebieten Rheinhessen und Pfalz. Dort fährt der Vollernter durch die ebenen Rebzeilen und rüttelt die steinhart gefrorenen Beeren vom Stock. Kalte Finger bekommt dort niemand. Kein Wunder, dass in manchen Jahren diese Spezialität in Billig-Discountern regelrecht verramscht wird.

Und - man will es nicht glauben - in manchen Weinbauländern ist es erlaubt, sozusagen künstlichen Eiswein herzustellen. Die gesunden und reifen Trauben werden bei minus zehn Grad in Kühlhäusern eingefroren. Das Ergebnis kann sich übrigens sehen lassen.

Aber: Das Individuelle, das Besondere, das Einzigartige, das die Natur uns manchmal schenkt, ist dahin.

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