Von Säufern und feinen Herren

Ich habe schon an unzähligen Weinproben teilgenommen. Einige durfte ich sogar selbst kommentieren.

 Winfried Simon

Winfried Simon

Foto: Klaus Kimmling


Es ist immer wieder ein Vergnügen, zu riechen, zu schmecken, sich mit Gleichgesinnten über Weine zu unterhalten und zu fachsimpeln.

Gelegentlich verlaufen Weinproben aber auch unerfreulich - dann nämlich, wenn der ein oder andere Teilnehmer sich bemüßigt sieht, seinen Senf dazuzugeben.

Es gibt da verschiedene Typen: Der Aggressive: Er versucht, den Winzer oder Probebesprecher "aufs Kreuz zu legen". Er fühlt sich als Fachmann oder Halbfachmann, will mit seinem Wissen protzen und dem Probebesprecher die Schau stehlen.

Der Angeber: Der feine Herr meint, sich in der Weinszene auszukennen, erzählt von diesem und jenem Top-Winzer, von Chateaus in Bordeaux, die er alle schon besucht hat. Fast ist es ihm schon lästig, einen "einfachen Wein" trinken zu müssen. In seinem Weinkeller findet man kaum eine Flasche unter zehn Euro.

Der Chemiker: Wie ihm der Wein schmeckt, ist ihm egal. Aber über die Säurewerte, den Fruchtzucker- und Alkoholgehalt weiß er Bescheid. Seine Zunge ist mehr ein Analysegerät, als ein Geschmacksorgan. Er hat keine Phantasie, er ist ein Mann der Zahlen.

Der Säufer: Nach der zweiten Probe sagt er: "Lass die Flasche gleich hier auf dem Tisch. Nach der zwölften Probe lallt er: "Guter Wein, guter Wein." Die Damen in der Runde schauen pikiert weg, wenn er ihnen mit glasigen Augen tief ins Dekolleté schaut und seine gefürchteten Witze macht.

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