Auf Seite zwei hört der Spaß auf

Ich weiß nicht, mit welcher Geduld oder Ungeduld Sie auf die Prospekte der Supermärkte und Discounter warten. Man kann fast die Uhr danach stellen, wann an meinem Haus der Deckel des Briefkastens klappert. Ich interessiere mich für die angebotenen Rebensäfte.

Mir fällt auf. Der Wein spielt eine immer größere Rolle. Angeboten wird nicht nur Masse für 1,99 oder 2,99 Euro. Das Pendant für Masse ist Klasse. So weit gehe ich beim Studium der Angebote nicht. Denn wenn ein Discounter einen Wein anbietet, muss der in großen Mengen vorhanden sein. Einer aus einer eng begrenzten Lage, wie Brauneberger Juffer, Wehlener Sonnenuhr oder Piesporter Goldtröpfchen, wird deshalb nicht den Weg in die Regale finden. Unabhängig davon, bewerben die Läden den Wein aber häufiger als früher unter Qualitätsaspekten. Das ist auch in Ordnung. Beim Discounter wird nun einmal viel Wein umgesetzt. Und ein gutes Produkt von dort macht vielleicht Lust auf einen Abstecher zum Winzer. Aber keine Rose ohne Dornen. Seit zwei Wochen wirbt eine große Kette mit einer Beilage im Prospekt. Plakativ steht auf der ersten Seite "Die besten Weingüter der Welt." Auf dieser Seite wird das Angebot dem Slogan mit großen Namen aus Deutschland, Spanien, Italien und Frankreich gerecht. Vielleicht bin ich naiv, denn ich erwarte eine Fortsetzung auf den nächsten sieben Seiten. Doch auf der folgenden Doppelseite hört es auch schon wieder auf: eine Beerenauslese aus Rheinhessen für 4,99 Euro (0,375 Liter) und ein Pfälzer Müller-Thurgau für 2,29 Euro pro Liter. Die hochpreisigen Rheingauerweine aus drei renommierten Betrieben interessieren mich schlagartig nicht mehr. Genau wie die Rieslinge der Moselland-Winzergenossenschaft. Für Weinfreunde sollte gelten: Eine 4,99-Euro-Beerenauslese hat in keinem Prospekt etwas verloren. Für diesen Preis dürfte es sie nicht geben.

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