Voll verspart mit der Volksaktie

Die Deutschen werden so schnell kein Volk von Aktionären mehr. Nicht einmal jeder Siebte besitzt Wertpapiere von börsennotierten Unternehmen.

Dabei gab es genügend Versuche, den Bürgern das Aktionärsdasein nahezubringen. Wie schlecht das gelaufen ist, zeigt das Beispiel Deutsche Telekom AG. In dieser Woche haben Musterkläger vor dem Bundesgerichtshof erreicht, dass das Oberlandesgericht Frankfurt sich erneut mit Schadenersatzforderungen in Höhe von 80 Millionen Euro von 17 000 Klägern befassen muss. Die Telekom hatte laut Karlsruher Richtern in einem Verkaufsprospekt für den dritten Börsengang im Jahr 2000 falsch über den Verkauf einer US-Beteiligung an eine Tochterfirma informiert - und somit über Verlustrisiken. Die T-Aktie war seinerzeit als Volksaktie angepriesen worden, viel mehr Sparer als überhaupt möglich wollten T-Aktionäre werden - wie seinerzeit der Schauspieler Manfred Krug in der Werbung - und ihr Geld vermehren. Nun kam alles anders. Vor allem der Staat strich Milliarden ein, die Telekom aber geriet mit Fehlinvestitionen und in der Börsenkrise Anfang dieses Jahrtausends unter die Räder. Die Aktie stürzte ab. Fraglich, ob der Fehler im Verkaufsprospekt entscheidend für das Minus im Wertpapierdepot der enttäuschten Anleger war. Ein Fehler ist es gewesen, allein den Versprechungen zu glauben. Gerade unerfahrene Kleinanleger sollten sich an andere Maßstäbe halten: an Firmen mit erprobten Geschäftsmodellen zum Beispiel und regelmäßigen Dividenden oder daran, ihren Aktienbesitz weit zu streuen. Riesige Gewinne, das zeigen alle Erfahrungen, machen Kleinaktionäre dabei nicht. Allerdings sind Aktien in Zeiten niedriger Zinsen eine attraktive Anlagemöglichkeit - mit Risiken, so dass das Geld dafür wirklich übrig sein muss. Es liegt bei den Bankberatern, das sachlich deutlich zu machen. Dann verbreitet sich die Aktienkultur womöglich doch noch weiter. oht@volksfreund.de

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort