1000 schwarze Tage

Die politische 1000-Tage-Bilanz zur großen Koalition fällt für die Opposition rabenschwarz aus. Doch was hat sie vorzuweisen? Formal gesehen wenig.

Die parlamentarischen Verhältnisse im Bundestag sind so gestrickt, dass FDP, Linke und Grüne nicht einmal eine Verfassungsänderung verhindern könnten. Die dafür notwendige Zwei-Drittel-Mehrheit bringen Union und SPD locker auf die Waage, derweil die Opposition lediglich über 27 Prozent der Mandate verfügt. Trotzdem wäre es falsch, ihren Einfluss zu unterschätzen.

Paradebeispiel dafür ist die Linkspartei. Dass die Sozialdemokraten, aber auch die Union scheinbar plötzlich wieder ihr soziales Gewissen entdeckt haben, geht auf das Erstarken der Lafontaine-Truppe zurück. Ohne sie wären strittige Elemente der Agenda 2010 wohl kaum revidiert worden. Das politische Gegenstück zu den Linken bildet die FDP. Die Liberalen verstehen es geschickt, sich als schlechtes Gewissen der Union zu präsentieren. Nährboden dafür ist der CDU-Wirtschaftsflügel, der Angela Merkel regelmäßig vorwirft, christdemokratische (sprich neoliberale) Prinzipien auf dem Altar der großen Koalition zu opfern. An die Union ketten lassen sich die Freidemokraten trotzdem nicht. Diese Flexibilität hat Guido Westerwelle aus dem verpatzten Wahljahr 2005 gelernt. Die FDP ist seit zehn Jahren in der Opposition. Eine weitere Wahlperiode würde er kaum im Amt des Parteichefs überstehen. Also blinkt Westerwelle gelegentlich in Richtung SPD. Und die Grünen? Sie sind am wenigsten im Chor der Opposition wahrnehmbar. Das hat mit der rot-grünen Regierungsvergangenheit zu tun, die bei vielen noch lebendig ist, aber auch mit parteiinternen Machtkämpfen. Schließlich wird demnächst ein Chefposten frei. Der grünen Popularität tut das keinen Abbruch. Ebenso wie die beiden anderen Oppositionsparteien stehen auch die Ökos in Umfragen besser da als beim Ergebnis der Bundestagswahl 2005. Alle drei haben sogar Mitgliederzulauf. Der gegenläufige Trend läst sich bei Union und SPD beobachten, auch wenn Merkels Partei weniger dramatisch schrumpft als Becks Sozialdemokraten.

Eine große Koalition, der nur noch Klein-klein zuzutrauen ist, schwächt sich selbst und stärkt die politischen Ränder. Union und SPD haben damit unfreiwillig zur Stabilisierung des Fünf-Parteiensystems beigetragen. Wollen beide Lager Volksparteien bleiben, müssen sie sich 2009 nach neuen Koalitionsoptionen umschauen.

nachrichten.red@volksfreund.de

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